Ein humorvolles Hohelied auf den Honigdachs
Der junge Biologe Léo Grasset erzählt höchst amüsante Anekdoten aus der Savanne
Man könnte sich natürlich auch nach Afrika begeben und eine Safari machen. Eine sehr viel billigere, bequemere und wissenschaftlich gehaltvollere Alternative bietet Léo Grasset in seinem schmalen Band Giraffentheater, der gleich lehrreiche wie unterhaltsame Anekdoten aus der afrikanischen Savanne enthält.
Eigentlich sollte der französische Evolutionsbiologe 2013 bloß ein halbes Jahr zu Forschungszwecken in Simbabwe verbringen, um dort unter anderem die Streifen von Zebras zu vermessen. Damit war der damals 24-Jährige aber anscheinend nicht ganz ausgelastet. Also betrieb er nebenbei einen Blog, dessen Einträge das Leben in der Savanne vor allem aus evolutionsbiologischer Perspektive unter die Lupe nehmen.
Einiges, was in Afrika kreucht und fleucht, stellte ja schon Charles Darwin vor Rätsel: Warum haben Giraffen so lange Häl- se? Wie kommt das Zebra zu seinen Streifen? Und warum verfügen weibliche Hyänen über Pseudopenisse, die jenen der Männchen perfekt ähneln?
Grasset ging diesen Fragen nach – und zwar auf Basis jüngster wissenschaftlicher Erkenntnisse und in einem höchst amüsanten Plauderton, der die Lektüre seiner Essays zum kurzweiligen Crashkurs in Sachen Evolutionstheorie macht. Der Autor verhehlt dabei auch nicht, dass die Antworten nicht immer eindeutig sind – so etwa auch bei den Streifen der Zebras. Ihr evolutionärer Nutzen dürfte ein mehrfacher sein: Die charakteristische Fellzeichnung dürfte sowohl bei der Tarnung helfen als auch für Kühlung sorgen und Ungeziefer abhalten. Ähnlich ist es mit dem Hals der Giraffe, dessen Länge so- wohl beim Fressen wie auch beim Kämpfen hilft.
Mit viel Gespür für gute Geschichten erzählt Grasset außerdem begeisternd über die La-OlaWelle der Impalas, die Kommunikation von Elefanten oder darüber, was im Film Der König der Löwen stimmt und was nicht.
Besonders enthusiastisch fällt Grassets Hohelied auf den Honigdachs aus, das für den Autor womöglich mutigste und fieseste Tier überhaupt, das es vor allem auf die Hoden seiner Gegner abgesehen hat – noch ein Grund mehr, zu diesem Büchlein zu greifen, statt sich in Afrika der Gefahr dieser kleinen Bestie auszusetzen. (tasch) Léo Grasset, „Giraffentheater. Anekdoten aus der Savanne“. Aus dem Französischen von Till Bardoux. € 17,40 / 144 Seiten, Wagenbach, Berlin 2016