Belvedere-Chefin weiter unter Druck
Das Ergebnis der Compliance-Prüfung entscheidet über das Ende oder die Fortführung der Ära Agnes Husslein-Arco im Belvedere. Zu den Vorwürfen kommt nun auch eine steuerrechtlich umstrittene Angelegenheit rund um einen Kindergeburtstag.
Wien – In Kürze wird die vom Belvedere-Kuratorium mit der Compliance-Prüfung beauftragte Wirtschaftsprüfungskanzlei einen ersten Bericht vorlegen. Das Ergebnis wird über die Zukunft Agnes Husslein-Arcos entscheiden: Ob sie nach zehn Jahren Amtszeit als Direktorin abtreten muss oder ihr Vertrag um weitere fünf Jahre verlängert wird.
Um fachliche Qualifikationen geht es dabei nicht, auch weil steigende Besucherzahlen und Einnahmen ihre Ära faktisch begleiten. Vielmehr geht es um Verstöße gegen geltende Compliance-Richtlinien, die Mitte Juni zur Aussetzung des Bestellungsprozesses führten. Die Vorwürfe richten sich gegen leitende Angestellte, aber vor allem gegen Husslein selbst.
Eine Causa, die die Kunstszene seither spaltet: Die einen sehen darin eine über Gerüchte genährte Intrige und beharren darauf, dass etwaige Lappalien in keinem Verhältnis zur erwiesenen Erfolgsbilanz stünden. Andere ver- trauen darauf, dass unabhängige Experten am besten zwischen kleinen Fauxpas und relevanten Delikten unterscheiden werden.
2013 war, der Novellierung des Korruptionsstrafrechts folgend, im Belvedere die erste Compliance-Richtlinie erlassen worden, die praxisbezogene Anweisungen lieferte – auch dahingehend, wann Vorgesetzte oder die ComplianceAbteilung informiert werden sollen. Bei der eigenverantwortlichen Beurteilung helfen Grundsatzfragen, etwa „Könnte ich öffentlich darüber erzählen“?
Hussleins Pensionsbezüge
Eine Frage, die sich Husslein womöglich nicht stellte – etwa wenn sie die Sommermonate in Pörtschach verbrachte, dafür jedoch keinen Urlaub beantragt haben soll, da sie ihren Dienstort informell an das Ufer des Wörthersees verlagert hätte. Damit waren auch „Dienstreisespesen“für die regelmäßigen Flüge nach Wien angefallen. In der Privatwirtschaft mag derlei nicht von Belang sein, bei einem Bundesmuseum even- tuell schon. Eine entsprechende STANDARD- Anfrage verlief ergebnislos. Man sei „an die Weisung“gebunden, „dem Ergebnis der Überprüfung nicht vorzugreifen“.
Selbst die Frage nach Hussleins ASVG-Pension, die sie, dem Regelpensionsalter für Frauen entsprechend, seit 2014 beziehen soll, blieb unbeantwortet. Dabei wäre es rechtmäßig und fiele das Belvedere-Salär in der Größenordnung von jährlich etwa 250.000 Euro schlicht in die Kategorie Zuverdienst.
Auch die Frage, wer für die Kosten des Geburtstagsfestes von Hussleins Enkel im Unteren Belvedere im Mai aufgekommen war, wollte man nicht kommentieren. Die Antwort liefert ein aktueller Falter- Artikel („Das Familienaffärchen“), wonach der Großvater diese übernommen habe. Allerdings dürfte der bekannte Gynäkologe Peter Husslein hierbei Steueroptimierung im Sinn gehabt haben. Demnach solle der „Kindergeburtstag“nicht aufscheinen und die Rechnung stattdessen auf „Zuweiserveranstaltung“lauten. Als Werbemaßnahme für therapeutische Angebote ist derlei von der Steuer absetzbar.
Namhafte Unterstützer
Für Agnes Hussleins Sympathisanten mag dies in die Kategorie Bagatelle fallen. Sie ermutigen die Kulturpolitik in einem offenen Brief, die Neuberufung „gegen den destruktiven Willen“vorgestriger Besserwisser und „Kunstfeinde“durchzusetzen. Damit sind offenbar all jene gemeint, die, wie Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ), für eine Einhaltung gesetzlich verankerter Compliance-Regeln stehen.
Zu den Unterzeichnern gehören mit Sabine Breitwieser (Museum der Moderne, Salzburg) und Hans-Peter Wipplinger (LeopoldMuseum) nur zwei aktive Museumsdirektoren, weiters Galerien und Künstler, darunter Hermann Nitsch und die BiennaleVertreter Brigitte Kowanz und Erwin Wurm. Dass das Belvedere derzeit einen Ankauf für eine „bedeutende Skulptur Erwin Wurms“verhandelt, scheint wohl eher dem Zufall geschuldet.