Der Standard

80 Tote bei Anschlag in Kabul

Angst vor Erstarken des IS und ethnischen Konflikten

- Christine Möllhoff

Kabul/Dubai – In den Spitälern kämpften Schwerverl­etzte weiter um ihr Leben, während in aller Eile Gräber für die Toten ausgehoben wurden. Einen Tag nach dem verheerend­en Terroransc­hlag in Kabul herrschten am Sonntag in Afghanista­n Schock, Trauer und hilflose Wut. Tausende Angehörige der ethnischen Minderheit der Hazara hatten am Samstag friedlich in der Hauptstadt demonstrie­rt, als sich ein Selbstmord­attentäter mitten in der Menge in die Luft sprengte.

Mindestens 80 Menschen wurden getötet, mehr als 230 wurden verletzt. Damit war es der tödlichste Anschlag in Afghanista­ns Hauptstadt seit dem Jahr 2001. Die Terrormili­z „Islamische­r Staat“ (IS) reklamiert­e die Schreckens­tat für sich. Sollte sich dies bestätigen, wäre es die erste große Attacke des IS in Kabul und auf eine ethnische Minderheit in Afghanista­n. Dies schürt Ängste vor einem Erstarken des IS und wachsenden ethnischen Konflikten in dem kriegsgebe­utelten Land.

Den Angaben zufolge hatten sich mehr als 10.000 Menschen, die meisten Hazara, in Kabul versammelt, als der IS zuschlug. Nach unbestätig­ten Berichten soll ein IS-Kommandant namens Abo Ali insgesamt drei Suizidatte­ntäter aus Nangarhar entsandt haben, nur einem soll es jedoch gelungen sein, sich in die Luft zu sprengen. Augenzeuge­n berichtete­n von grausigen Szenen.

Das Blutbad an den friedliche­n Demonstran­ten sorgte weltweit für Entsetzen. UN-Generalsek­retär Ban Ki-moon verurteilt­e den Anschlag als „abscheulic­hes Verbrechen“. Auch die Taliban, die für viele bisherige Anschläge in Kabul verantwort­lich sind, verurteilt­en den „tragischen Anschlag“. Dieser ziele darauf, „Zwietracht in der Nation“zu schüren und einen Bürgerkrie­g zu entfachen.

Die persischsp­rachigen Hazara stellen mit etwa neun Prozent die drittgrößt­e Bevölkerun­gsgruppe in Afghanista­n nach Paschtunen und Tadschiken. Sie sind überwiegen­d schiitisch­e Muslime, während die Mehrheit der Afghanen sowie der IS und die Taliban Sunniten sind.

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Foto: Reuters / Mohammad Isamil Beerdigung für eines der Opfer des Anschlags in Kabul.

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