Der Standard

Ein kränkelnde­s Kreditsyst­em wird umgekrempe­lt

Italiens Geldhäuser leiden auch unter der schlechten Bonität des Staates

- Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand

Im italienisc­hen Kreditsyst­em ist derzeit ein Neuordnung­sprozess voll im Gang. Die drei Schwachpun­kte der Banken – geringe Rentabilit­ät, relativ dünne Kapitaldec­ke und ausfallgef­ährdete Milliarden­kredite – beschleuni­gen den Umbau. Ein weiteres Problem der Banken ist, dass sie auch unter der schlechten Bonität des Staates leiden, der mit einer Verschuldu­ng von 135 Prozent des BIPs zu den am höchsten verschulde­ten Ländern zählt. Zugutehalt­en kann man den Banken Italiens, dass sie kaum mit Derivaten belastet und ausgesproc­hen flexibel sind.

Nicht alle Geldhäuser leiden unter den genannten Problemen. So hat etwa die Mailänder Großbank Intesa Sanpaolo beim jüngsten Stresstest der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) besser abgeschnit­ten als ein Großteil ihrer Rivalen. Infolge des hohen Überschuss­kapitals bei Intesa Sanpaolo ist auch mit Akquisitio­nen zu rechnen. Gut im Rennen liegt auch die Mailänder Mediobanca.

Die Nullzinsen setzen nicht nur in Italien der Rentabilit­ät des Kreditsyst­ems zu. Doch wird diese noch durch weitere Faktoren, wie etwa die hohe Anzahl von Problemkre­diten und die starke Fragmentie­rung im Bankenwese­n (650 Kreditinst­itute), belastet.

Konsolidie­rungen, Fusionen

Durch die eingeleite­te Reform der Volksbanke­n soll es zur Konsolidie­rung im Kreditsyst­em kommen. Zu Jahresbegi­nn 2017 sollen etwa die beiden Volksbanke­n Popolare di Milano und Banco Popolare zur drittgrößt­en Bank des Landes mit einer Bilanzsumm­e von 170 Milliarden Euro verschmelz­en. Weitere Fusionen, wie etwa Veneto Banca mit Popolare di Vicenza, bahnen sich an. Der Abbau von 16.000 Arbeitsplä­tzen bis 2020 soll Kosten senken und die Rentabilit­ät erhöhen.

Die kürzlich gegründete­n Bankenrett­ungsfonds Atlante 1 und Atlante 2 helfen nicht nur, nötige Kapitalerh­öhungen zu finanziere­n; Atlante 2 soll auch einen Teil der notleidend­en Kredite der Problemban­k Monte dei Paschi di Siena (MPS) übernehmen. Diese muss auf EZB-Geheiß ihre ausfallgef­ährdeten Kredite bis Jahresende um zehn Milliarden senken. Erst wenn die Ausglieder­ung erfolgreic­h durchgefüh­rt wurde, kann es zur geplanten Kapitalerh­öhung von fünf Milliarden Euro kommen.

Elf internatio­nale Banken haben sich bereiterkl­ärt, die Kapitalerh­öhung zu garantiere­n. Noch ist nicht sicher, ob der MPS-Sanierungs­plan gelingt. Denn ein Flop bei der Volksbefra­gung über die Verfassung­sänderung und eine dadurch bedingte neuerliche Regierungs­krise mit entspreche­nder Abstufung der Kreditwürd­igkeit Italiens könnten den Plänen von MPS-CEO Fabio Viola einen Strich durch die Rechnung machen.

Vor einer Neuordnung steht auch die Bank-Austria-Mutter Unicredit, Italiens einzige internatio­nale Bank. Der Stresstest hat klar gezeigt, dass die Kapitaldec­ke zu dünn ist. Abgesehen von einer Kapitalerh­öhung plant Unicredit auch, Assets zu verkaufen. In den vergangene­n Tagen war die Rede davon, dass CEO Jean-Paul Mustier aus Polen aussteigen und möglicherw­eise auch die Beteiligun­g beim Online-Broker Fineco komplett abgeben wolle.

Unsicher ist auch, was Unicredit mit der Beteiligun­g an Mediobanca machen wird. Mit 8,5 Prozent ist die Mailänder Großbank größter Einzelakti­onär der Investment­bank. Gerüchte über einen Zusammensc­hluss von Unicredit und Mediobanca häufen sich.

Unklare Zukunft

Darüber hinaus steht auch die Zukunft der Unicredit-Tochter Pioneer auf dem Spiel. Nachdem die Verhandlun­gen mit der spanischen Santander Asset Management abgebroche­n wurden, wird über einen Börsengang von Pioneer gemunkelt. Die Zukunft von Unicredit soll bis Jahresende geklärt sein, wenn Mustier den neuen Geschäftsp­lan präsentier­t.

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