Kanada behandelt Sektenführer weiterhin großzügig
Reisefreiheit trotz Polygamie-Anklage, Mann hat 27 Ehefrauen und 145 Kinder
Der 62-jährige Kanadier Winston Blackmore umgibt sich gern mit jungen, hübschen Frauen. Kürzlich ließ sich der Sektenführer, der die Vielehe praktiziert, wieder mit ihnen ablichten. Es waren nicht seine 27 Ehefrauen, mit denen er posierte, sondern einige seiner Töchter. Blackmore hat 145 Kinder gezeugt. In Kanada ist Polygamie verboten, in den Medien werden Zwangsehen mit minderjährigen Mädchen in anderen Ländern angeprangert. Aber Blackmore ist immer noch frei, obwohl die kanadische Polizei schon vor zehn Jahren empfahl, ihn vor Gericht zu stellen.
Zwar wartet der selbstherrliche Patriarch derzeit auf seinen Prozess, denn vor zwei Jahren wurde Blackmore endlich der Vielehe angeklagt. Aber auch jetzt mahlen die Mühlen der kanadischen Justiz im Zeitlupentempo. Die Behörden lassen Blackmore frei herumreisen. Sie haben ihm den Pass nicht weggenommen, weil er argumentierte, er brauche ihn für seine „Geschäftsreisen“. Seinem Bruder Brandon Blackmore etwa, der des Mädchenhandels angeklagt ist, hat man sein Reisedokument abgenommen.
500 Personen in Sekte
Winston Blackmore ist der selbsternannte Bischof einer abtrünnigen Mormonensekte in Bountiful in der Provinz British Columbia. Er folgt der Lehre der Fundamentalist Church of Jesus Christ of Latterday Saints oder FLDS. Die Hauptkirche der Mormonen praktiziert die Vielehe schon seit mehr als 100 Jahren nicht mehr. In Bountiful aber herrscht Blackmore über rund 500 Frauen, Kinder und Männer.
Laut Ermittlungsunterlagen der US-Behörden wurden Mädchen von ihnen über die Grenze geschmuggelt, um sie mit älteren Männern zu verheiraten. Während der US-Ermittlungen gab Blackmore zu, dass zehn seiner Frauen bei der Hochzeit minderjährig waren. Der kanadischen Zeitung Vancouver Sun zufolge hat er eingeräumt, er habe auch fünfzehnoder sechzehnjährige Bräute gehabt.
Anstatt sich zu verstecken, provoziert Blackmore mit seltsamen Aussagen: Ende Juli erklärte er bei einem Mormonensymposium in Salt Lake City, die Polygamie sollte nicht legalisiert werden. Die Journalistin Daphne Bramham aus Vancouver, die ein Buch über Blackmores Sekte schrieb, hält dies für einen Trick: „Er möchte, dass Polygamie für alle anderen illegal ist, weil er als besorgter Familienvater dastehen möchte.“ Dieses Verbot solle aber nicht für ihn selbst gelten.
Dass Blackmore zu Reden eingeladen wird, ist kein Zufall. In den USA sind andere Polygamisten entweder in Haft, warten auf den Prozess oder sind auf der Flucht. So wurde FLDS-Sektenführer Warren Jeffs vor sieben Jahren im US-Staat Utah wegen sexueller Verbrechen an zwölf- und 15-jährigen Mädchen verurteilt.
Blackmore hat bislang jedes rechtliche Mittel genutzt, um die Anklage gegen ihn zu ersticken. Er ging sogar gerichtlich gegen die Justizministerin von British Columbia vor, wenn auch vergeblich. Blackmore beruft sich auf die in der Verfassung verankerte Religions-, Rede- und Versammlungsfreiheit. Das höchste Gericht Kanadas hat indes im Jahr 2011 entschieden, das Polygamieverbot widerspreche der Religionsfreiheit nicht.