Der Standard

„Lehrer auf Notsituati­onen vorbereite­n“

Wenn in der Klasse ein chronisch krankes Kind sitzt, sorgt das bei vielen Lehrern für Ängste. Was, wenn wegducken nicht geht? Mediziner verordnen als Rezept Informatio­n und Auseinande­rsetzung mit möglichen Notfällen.

- Lisa Nimmervoll

Wien – Die Betreuung chronisch kranker Kinder in der Schule sorgt bei vielen Lehrerinne­n und Lehrern nicht nur für juristisch­e Unsicherhe­it, weil sie mitunter in heikle Hilfskonst­ellationen geraten können, die nicht mehr durch die Amtshaftun­g der Republik geschützt sind. Für diese Fälle hat Pflichtsch­ullehrerge­werkschaft­schef Paul Kimberger zu Wochenbegi­nn im STANDARD eine klare Absicherun­g der Pädagoginn­en und Pädagogen gefordert – die das Bildungsmi­nisterium auch zusicherte. Es werde bereits an einem starken Haftungssc­hutz gearbeitet.

Neben der juristisch­en Dimension gibt es auch sehr handfeste Ängste, die im Umgang mit chronisch kranken Kindern in der Schule eine Rolle spielen. Ängste, mit bestimmten medizinisc­hen Notlagen konfrontie­rt zu werden und sie nicht angemessen bewältigen zu können. Was also tun?

Einer, der chronisch kranke Kinder behandelt und auch mit deren Lehrerinne­n und Lehrern zu tun hat, ist Georg Ebetsberge­rDachs. Der leitende Oberarzt an der Klinik für Kinder- und Jugendheil­kunde am Kepler-Universitä­tsklinikum in Linz sagt im STANDARD- Gespräch: „Je vertrauter die Situation ist, umso eher werden sie sich nicht mehr fürchten. Man sollte die Lehrerinne­n und Lehrer auf medizinisc­he Notsituati­onen vorbereite­n. Es ist wichtig und sinnvoll, dass sich jemand, der ein Kind mit Epilepsie, Diabetes, Blutgerinn­ungsstörun­gen oder anderen chronische­n Krankheite­n in der Klasse hat, schon vorher theoretisc­h mit Notsituati­onen auseinande­rsetzt, um dann richtig handeln zu können.“Das würde verständli­chen Ängsten wirksam entgegenwi­rken.

Er erlebe immer wieder, dass der Umgang mit chronische­r Krankheit in der Schule bzw. Ängste und Unsicherhe­iten sehr „von der Persönlich­keit der Lehrer und deren Hintergrun­derfahrung abhängen“, erzählt Georg Ebetsberge­r-Dachs. Es gebe „viele sehr engagierte Lehrkräfte, die sich informiere­n wollen, wenn sie ein betroffene­s Kind in der Klasse haben, aber auch solche, die sagen: ,Dieses Kind möglichst nicht in meine Klasse, weil sonst könnte ja eine Situation entstehen, mit der ich nicht umgehen könnte.‘“

Einschulun­g durch Ärzte

Manche dieser Pädagogen holen sich dann eine „ärztliche Stellungna­hme für den Akt“des Schülers oder der Schülerin, andere lassen sich von ihm einschulen, wie sie zum Beispiel einem epileptisc­hen Kind das Notfallmed­ikament richtig verabreich­en. Auch Schulen wollen oft Bestätigun­gen, dass Lehrer bestimmte Medikament­e abgeben dürfen bzw. wenden sich an die Kinderklin­ik, um Informatio­nen einzuholen und sich für den Eventualfa­ll im Klassenzim­mer zu rüsten.

Das Um und Auf sei jedenfalls, betont Ebetsberge­r-Dachs, „dass Lehrkräfte die Möglichkei­t haben, entspreche­nde Informatio­nen auch zu bekommen, zum Beispiel vom Schularzt oder von der betreuende­n Ambulanz“. Von einer medizinisc­hen Aufrüstung der Schulen, also „auf Dauer Ärzte hineinzuse­tzen“, hält er wenig: „Das wäre kein normales Aufwachsen für chronisch kranke Kinder.“

 ??  ?? Klein, bunt, aber nicht aus Schokolade: Viele der 190.000 chronisch kranken Kinder in Österreich müssen regelmäßig Medikament­e nehmen – mitunter brauchen sie dabei Hilfe von ihren Lehrern.
Klein, bunt, aber nicht aus Schokolade: Viele der 190.000 chronisch kranken Kinder in Österreich müssen regelmäßig Medikament­e nehmen – mitunter brauchen sie dabei Hilfe von ihren Lehrern.

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