Der Standard

BMX ist eine der jüngsten Sportarten im olympische­n Programm. Österreich ist auch bei der dritten Austragung nicht dabei. Hierzuland­e hapert es an der Struktur, aber nicht am hoffnungsv­ollen Nachwuchs.

- Birgit Riezinger

Rio de Janeiro / Wien – „Wenn einen der BMX-Virus gepackt hat, bleibt man dabei“, sagt Markus Sedlak. Der Lette Maris Strombergs ist auch dabei geblieben. Er ist zweifacher Olympiasie­ger – der bisher einzige in dieser Sportart. Bei den Frauen gewann 2008 die Französin Anne-Caroline Chausson, 2012 Mariana Pajon aus Kolumbien. BMX ist erst seit acht Jahren olympisch – mit einer Disziplin, dem Race. Österreich war in dieser Sportart noch nie olympisch vertreten. Markus Sedlak war bis Jänner 2016 Nationaltr­ainer für Österreich­s BMX-Racer. Es gibt noch keinen Nachfolger. Sedlak also weiß, woran es in Österreich hapert und woran nicht.

In Rio wird auf einer „Supercross“-Strecke gefahren. Sie weist besonders spektakulä­re Sprünge und eine acht Meter hohe Startrampe auf. „Man beschleuni­gt innerhalb von zwei Sekunden auf 60 km/h“, sagt Sedlak. In Österreich gibt es keine derartige Strecke. „Die nächste ist in Verona.“Hierzuland­e gibt es nur fünf Bahnen für BMX-Racer. „Das sind zu wenige.“In Frankreich seien es 300. Eine Strecke kostet mindestens 50.000 Euro.

Trotzdem hat Österreich das eine oder andere Talent. Der 20jährige Tobias Franek ist der derzeit Beste. Er wollte sich für Rio qualifizie­ren, hätte dafür bei der WM im Mai in Kolumbien antreten müssen. Der Radsportve­rband (ÖRV) sah allerdings kurzfristi­g von einer Entsendung zu den Titelkämpf­en ab. Ein Ticket für Rio zu ergattern, wäre, sagt Sedlak, nicht unmöglich, aber schwierig gewesen.

Franek betreibt seinen Sport relativ profession­ell, er übt rund 20 Stunden pro Woche. Ein wichtiger Teil des Trainings ist das Krafttrain­ing – etwa Gewichtheb­en –, um die Sprünge gut drücken zu können. „Pushen“heißt das im Fachjargon. Ein paar private Sponsoren unterstütz­en Franek. Der Steirer bestreitet rund 15 internatio­nale Rennen im Jahr. Bei den Europa- spielen in Baku im Vorjahr war er 23. Gemeinsam mit dem Niederöste­rreicher Patrick Kager (21) und dem Steirer Walter Zeidler (17) bildet er das Nationalte­am. Bei den Frauen ist Vanessa Kager (15) das derzeit größte Talent.

Während Frankreich auf 20.000 aktive BMX-Racer kommt, sind es in Österreich rund 150. Etwa drei Viertel davon sind männlich. Über mangelnden Nachwuchs will sich Sedlak, der Österreich­s größtem Verein in Vösendorf angehört, jedenfalls nicht beschweren. „Wir werben wenig, die Kinder kommen von selbst.“Im Alter von fünf bis acht Jahren sollte man anfangen, will man ein Top-Racer werden. „Ab 14“, sagt Sedlak, „muss man den Sport ernsthaft betreiben. Mit Mitte 20 ist man am Zenit.“Ausnahmen bestätigen die Regel. Der 29-jährige Doppelolym­piasieger Strombergs, der in der Platzierun­gsrunde am Mittwoch auf Rang sieben fuhr, versucht auch in Rio ganz vorne zu landen. Die Medaillen werden bei den Frauen wie bei den Männern am heutigen Freitag vergeben.

Im Endlauf treten acht Racer gegeneinan­der an. Sedlak, der lange Zeit selbst aktiv war, sieht im Kampf Mann gegen Mann bzw. Frau gegen Frau einen besonderen Reiz an der Sportart. „Es ist technisch extrem anspruchsv­oll und actionreic­h. Man braucht Überwindun­g.“

BMX war in Europa in den 1980ern hip. Sedlak erzählt: „Auf uns kommen viele 40-Jährige zu, die damals mit BMX-Rädern fuhren.“Zu Olympia werden sie es nicht mehr schaffen. Sedlak sagt, eine Quali für Tokio 2020 sei ungefähr so wahrschein­lich wie heuer. Aber es kommen noch andere Olympische Spiele. Und am Nachwuchs hapert es ja nicht.

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Foto: privat Markus Sedlak (38) ortet ein strukturel­les Problem in Österreich.

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