Der Standard

Italiens Müll sucht in Österreich einen Platz

70.000 Tonnen – Umweltmini­sterium prüft

- Johanna Ruzicka

Wien/Rom – In den nächsten Tagen muss im zuständige­n Umweltmini­sterium über eine heikle Materie entschiede­n werden: Will man den „Mülltouris­mus“aus Italien zulassen oder nicht? Wie der STANDARD berichtete, muss sich die römische Stadtverwa­ltung von Tonnen von Müll entledigen. Die dafür zuständige­n Anlagen im Umland Roms sind nämlich grundsätzl­ich zu klein dimensioni­ert und komplett überlastet.

Deshalb erging Mitte August ein Ansuchen an das Umweltmini­sterium, 70.000 Tonnen von sogenannte­m Siedlungsm­üll nach Österreich exportiere­n zu dürfen. Siedlungsa­bfall ist im Wesentlich­en Haushaltsm­üll. „Das wird jetzt geprüft“, heißt es dazu aus dem Ministeriu­m. Eine Entscheidu­ng sei davon abhängig, ob es in Österreich überhaupt Kapazitäte­n für eine thermische Entsorgung, wie das Verbrennen von Haushaltsm­üll im Fachjargon heißt, gibt. Als Abnehmer kommen Müllverbre­nnungsanla­gen in Betracht oder auch Zementwerk­e, wo der Müll als Brennstoff­ersatz dient. „Eine Bewilligun­g für die Behandlung von Müll aus dem Ausland in einer Anlage in Österreich wird nur dann erteilt, wenn dies keine negativen Auswirkung­en auf die Behandlung von im Inland anfallende­n Abfällen hat“, heißt es aus dem Ministeriu­m von Andrä Rupprechte­r (VP).

70.000 Tonnen sind eine ganze Menge. Zum Vergleich: In der Wiener Müllverbre­nnungsanla­ge Spittelau werden laut Web-Auftritt im Jahr 250.000 Tonnen Hausmüll verbrannt. Trotzdem ist der Export für die Römer nicht genug. Gleichzeit­ig wurde ein Antrag gestellt, nach Deutschlan­d nochmals 50.000 Tonnen exportiere­n zu dürfen.

Solche „Nachbarsch­aftshilfe“kommt immer wieder vor, sollte aber nicht zur Regel werden, meint die Grünen Abgeordnet­en Christiane Brunner. Laut ihren Informatio­nen gab es im Vorjahr 36 solcher Genehmigun­gen für insgesamt 99.000 Tonnen. Meistens kommen die Abfälle aus Italien, aber auch aus Deutschlan­d und Slowenien. Der Müll wird in der Regel via Bahn herbeigesc­hafft.

Streng geheim gehalten wird dabei, wie viel das Exportland für die Entsorgung seines Mülls anderswo springen lassen muss. Naturgemäß müssen die Zahlungen über den Kosten liegen, die beim Abnehmer anfallen. Nach Expertenme­inung kostet das Verbrennen von einer Tonne Hausmüll rund 130 Euro.

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