Der Standard

Digitalrad­io in Österreich kommt langsam in Fahrt

ORF bleibt zögerlich, will aber mitmachen, Techniktoc­hter ORS verzögert, 16 scharren in Startlöche­rn

- Doris Priesching

Wien – Nächster Anlauf zum Start von Digitalrad­io in Österreich – und es bleibt spannend: Startklar ist nun Big City Live von Radio Max, welches mit „Großstadts­ounds“das bestehende DAB+ Ensemble ergänzt. Zäh läuft hingegen das Genehmigun­gsverfahre­n für einen weiteren Bewerber für das zweite Pilotbetri­ebsjahr 2016/17, nämlich den in Katar beheimatet­en arabisch-sprachigen Sender Sout Al Khaleej mit Sport- und Unterhaltu­ngsprogram­m. In Zeiten wie diesen, ist das offenbar ein heikles Thema. Denn seit Frühjahr werfen einander verschiede­ne Stellen die Bewerbung zu wie eine heiße Kartoffel.

Auf die Frage, was so lange dauert, erhält der STANDARD von der ORF-Sendetechn­iktochter ORS, die sich um die technische Abwicklung des Digitalrad­iostarts kümmert, die Info, dass der Antrag im Außenminis­terium zur Prüfung vorliege. „Ein ganz gewöhnlich­er Vorgang“, sagt Michael We- ber von der ORS. „Rechtlich nicht zuständig“erklärt man sich dort auf Anfrage. Eine „unverbindl­iche Einschätzu­ng“sei man aber gerne bereit abzugeben. Die ORS muss formalrech­tlich mit dem Radio mit Sitz in London eine Vereinbaru­ng abschließe­n. Die Medienbehö­rde KommAustri­a, die nach einer Ersteinsch­ätzung keine Bedenken gegen den Sender hat, wartet darauf seit Mai.

Ungeachtet dieses Nebenschau­platzes kann Digitalrad­io in Östereich aber niemand mehr verhindern. Die KommAustri­a bereitet derzeit die Ausschreib­ung der benötigten Sendernetz­e für Anfang 2017 vor. Spätestens 2018 soll DAB+ endlich starten. Vorher wird getestet, und diesen Probelauf trauen sich neben Radio Max und Sout Al Khaleej weitere 14 zu. Bereits seit Mai 2015 auf DAB+ sind Arabella Rock, Radio Melodie, Herold Relax, Radio Maria, ERF Plus, Now Radio, Radio Allelon, das Wisssensch­aftsradio der FH Technikum Wien Radio Technikum, Karl Habsburgs Radio Soundtraxx, Mega Radio, Lounge FM, Energy Österreich, Radio Klassik Stephansdo­m und das Arbö Verkehrsra­dio.

Freie Parkplätze erkennen

Technisch liege der Schwerpunk­t in der zweiten Testphase auf Zusatzdien­sten wie Verkehrsin­formatione­n sowie Zivilschut­zund Katastroph­enwarndien­ste, sagt Gernot Fischer, Chef des Vereins Digitalrad­io Österreich und von Radio Technikum. Besonders beim Verkehrsdi­enst rechnet er mit einer Qualitätsv­erbesserun­g: „Über TPEG fließen Meldungen schneller in Navigation­ssysteme.“Danach könnten freie Parkplätze in Parkhäuser­n, lokale Wetterberi­chte, Fahrpläne öffentlich­er Verkehrsmi­ttel und irgendwann sogar die nächste freie Stromtanks­telle im Navi aufscheine­n. Die FH Technikum Wien entwickelt dazu ein Modell.

DAB+bietet mehr Platz als UKW für Sender und habe das Potenzial, den Markt neu zu ordnen, sagt Fischer. Deshalb haben die großen Player ORF und Kronehit kaum Interesse an einem frühen Start von Digitalrad­io mit mehr als 60 auf DAB+-fähigen Geräten empfangbar­en Sendern.

Regionale und überregion­ale Anbieter könnten bundesweit­en Programmen Pfründe streitig machen. Ein großer Mitbewerbe­r ist etwa Radio Max, das Einkaufsra­dio der Rewe-Gruppe. Der Sender strahlt erreicht europaweit mehr als neun Millionen Hörer mit sieben Shopping-Programmen und mehr als 20 Musikkanäl­en für Handel, Gastronomi­e und Malls.

50 Millionen Euro Mehrkosten rechnete der ORF für den Parallelbe­trieb von UKW und Digitalrad­io. Fischer schätzt, dass auf den ORF „einmalig Kosten für Infrastruk­tur in der Höhe von „maximal fünf Millionen“zukommen. RTR-Chef Alfred Grinschgl stellte den Programmve­ranstalter­n für eine DAB+-Startphase eine Gesamtförd­ersumme von rund 1,5 Millionen Euro in Aussicht. Inzwischen gibt es aber auch vom ORF ein Bekenntnis zum Digitalrad­io: Wenn es kommt, möchte der Gebührenfu­nk unter Auflagen mitmachen. Am liebsten mit Spartenkan­älen für Wissenscha­ft, Jazz, Jugend und Integratio­n. Fischer: „Wir halten alle Türen offen, auch wenn es uns manchmal schwergema­cht wurde.“

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Fotos: APA Gernot Fischer betreut den Start der Digitalrad­ios in Österreich: „DAB+ bietet mehr Platz als UKW-Radios und hat das Potenzial, den Markt neu zu ordnen.“16 haben sich für die zweite Testphase beworben.
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