Integration mit dem Holzhammer
Der Ein-Euro-Job-Plan von Kurz ist nicht die Lösung für ein dringendes Problem
Die Studie der Bertelsmann-Stiftung, die keinem einzigen EULand eine erfolgreiche Integrationspolitik am Arbeitsmarkt bescheinigt, ist besorgniserregend und beruhigend zugleich. Sie zeigt auf, wie groß und wie schwer lösbar die Probleme sind, die durch die Zuwanderung aus der islamisch-arabischen Welt entstanden sind. Aber sie senkt auch die Erwartungen an die Politik, rasch Patentrezepte für die Integration von Flüchtlingen und anderen Migranten zu präsentieren. Ja, Arbeit ist der Schlüssel zur Integration, aber kein noch so forscher Vorschlag wird die Hürden für die meisten Neuankömmlinge bei der Arbeitssuche zum Verschwinden bringen.
Für die politische Debatte in Österreich, die wieder einmal mehr von Justamentstandpunkten als Argumenten geprägt ist, ergeben sich daraus einige nützliche Erkenntnisse. So würde eine Arbeitserlaubnis für Asylwerber, die auf den Abschluss ihres Verfahrens warten, kaum Verwerfungen im Arbeitsmarkt auslösen. Die große Mehrheit würde ohnehin keinen Job finden, weshalb man sich auch nicht vor einer Sogwirkung auf Arbeitsmigranten fürchten müsste. Aber einzelne Flüchtlinge, die arbeiten wollen und könnten, erhielten eine Chance, ihre Zeit für sich und andere sinnvoll zu nutzen. Weder das Njet der ÖVP noch die strikten Auflagen, die sich SPÖ und Gewerkschaft für einen solchen Zugang wünschen, sind notwendig. Und genauso könnte man dann auf komplizierte Modelle für gemeinnützige Arbeiten, wie sie derzeit diskutiertA werden, verzichten. ber genauso überflüssig ist der Plan von Integrationsminister Sebastian Kurz, anerkannte Flüchtlinge durch eine Fülle von Drohungen und Schikanen zur Arbeit zu zwingen – und sei es zum fast unbezahlten Straßenkehren. Das Modell der Ein-Euro-Jobs hat schon in Deutschland wenig gebracht, wo es als Einstiegshilfe für Langzeitarbeitslose gedacht war. Für Flüchtlinge ist es noch weniger geeignet – außer man geht davon aus, dass diese Menschen grundsätzlich nur aus Faulheit keiner Beschäftigung nachgehen.
Das mag in Einzelfällen zutreffen, auch unter gebürtigen Österreichern. Aber die große Mehrheit würde liebend gerne Arbeit finden, schafft das aber nicht – nicht nur in Österreich.
Das heißt nicht, dass man am sozialund integrationspolitischen Status quo nicht rütteln soll. Wenn Großfamilien heute durch die Mindestsicherung mehr Geld erhalten, als ein Elternteil je durch einen Vollzeitjob verdienen kann; wenn junge Männer ihre Lehrstelle in der Provinz aufgeben, weil sie in Wien ohne Arbeit kurzfristig besser aussteigen; wenn in der Praxis kein Druck zur Arbeitssuche ausgeübt wird – dann sind in einigen Jahren auch bei uns französische Zustände garantiert.
Aber um dies zu verhindern, braucht es keine Holzhammerpolitik, wie sie Kurz, Sobotka, Lopatka und Co aus parteipolitischen Gründen betreiben. Helfen kann nur ein mit dem Koalitionspartner abgestimmtes Paket, in dem es sehr wohl auch Platz für eine Deckelung der Mindestsicherung, eine Option auf befristete Bezahlung unter Kollektivvertrag und Sanktionen für Arbeitsverweigerer geben könnte.
Mit populistischem Trommelfeuer wird sich die SPÖ davon nicht überzeugen lassen. Eine Dauerdebatte ohne Ergebnisse aber spielt nur jenen Kräften in die Hände, die das Problem mit noch rabiateren Mitteln lösen wollen – und dabei erst recht scheitern würden.