Der Standard

Strache macht auf Erdogan

- Michael Simoner

Ein Demonstrat­ionsverbot in der Wiener Innenstadt gehört zu den Lieblingsf­orderungen der Freiheitli­chen Partei. In den vergangene­n Jahren wollten immer wieder blaue Funktionär­e die autoritäre Notbremse ziehen, jetzt versucht es der FPÖ-Obmann höchstpers­önlich. Grund sind diesmal die jüngsten Ausschreit­ungen zwischen Kurden und Türken auf dem Stephanspl­atz.

Dabei verwebt Heinz-Christian Strache geschickt berechtigt­e Kritik an der Schlägerei mit einer völlig überzogene­n Einschränk­ung der verfassung­srechtlich garantiert­en Grundrecht­e. Die Versammlun­gsfreiheit ist ein so wichtiger Grundpfeil­er, dass sie nicht einmal einer Genehmigun­g bedarf. Demos müssen bei den Sicherheit­sbehörden lediglich angemeldet werden.

In besonderen Ausnahmefä­llen kann die Polizei eine Kundgebung unterbinde­n – etwa dann, wenn mit großer Wahrschein­lichkeit dadurch eine breite öffentlich­e Sicherheit gefährdet wäre. Das ist bei Neonazi-Demos gemäß Verbotsges­etz immer der Fall, bei nicht verbotenen Gruppierun­gen aber (a priori) fast nie. Unter anderem wurde im Vorjahr eine von mehreren Demos gegen den Akademiker­ball der FPÖ in der Hofburg untersagt.

Anstatt konsensori­entierte Lösungen anzubieten, stellt der FPÖ-Chef Demonstran­ten unter Generalver­dacht und spielt den kompromiss­losen Durchgreif­er. Man könnte auch sagen, Strache macht auf Erdogan.

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