Der Standard

Die CDU will ein Verschleie­rungsverbo­t „light“

Keine Vollversch­leierung in der Schule, im öffentlich­en Dienst, auf dem Meldeamt und bei Demos: Die CDU will die Burka teilweise aus Deutschlan­d verbannen. Gegner wittern „Symbolpoli­tik“im Wahlkampf.

- Christoph Reichmuth aus Berlin

Als Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) vor einer Woche seine Maßnahmen für mehr innere Sicherheit vorgestell­t hatte, erteilte er den eben erst bekanntgew­ordenen Plänen seiner Innenminis­terkollege­n aus der Union eine ziemlich deutliche Abfuhr: Die Forderung nach einem generellen Burkaverbo­t sei „verfassung­srechtlich“kaum umsetzbar. „Man kann nicht alles verbieten, was man ablehnt.“

Die Innenminis­ter der CDU-geführten Länder und Innenminis­ter Thomas de Maizière haben sich in den letzten Tagen nun zu einem Kompromiss durchgerun­gen. Die Innenminis­ter rücken von ihrer Forderung eines generellen Burkaverbo­tes ab, de Maizière bietet dafür ein eingeschrä­nktes Vollversch­leierungsv­erbot an. Burka und Niqab lehne seine Partei ab, sagte de Maizière gestern vor der Presse. Die Vollversch­leierung „passt nicht zu unserer offenen Gesellscha­ft. Das Gesicht zu zeigen, ist für unsere Kommunikat­ion, für das Zusammenle­ben in unserer Gesellscha­ft konstituti­v.“Burka und Niqab sollen im öffentlich­en Raum gesetzlich verboten werden – also in Kindergärt­en, Schulen, auf Universitä­ten, in Gerichten, auf Meldeämter­n, bei Demonstrat­ionen, „überall da, wo Identifizi­erung erforderli­ch ist“, fügte de Maizière hinzu. Offenbar geht er davon aus, dass ein teilweises Burkaverbo­t vor dem Bundesverf­assungsger­icht nun doch standhält. Verstö- ße würden gemäß den Plänen künftig geahndet. Dass de Maizière bei seinem Presseauft­ritt von Lorenz Caffier, CDU-Innenminis­ter in Mecklenbur­g-Vorpommern, und dem Berliner CDU-Innensenat­or Frank Henkel flankiert wurde, offenbart, warum die Union gerade jetzt mit einem umstritten­en Forderungs­katalog an die Öffentlich­keit geht.

Antworten auf die AfD

Caffier ist Spitzenkan­didat bei den Wahlen in Mecklenbur­g-Vorpommern am 4. September, seine Partei wurde in einer soeben veröffentl­ichten Umfrage von der aktuell den Ministerpr­äsidenten stellenden SPD überholt, der CDU (23 Prozent) bedrohlich nahe kommt in der Erhebung die Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) mit 19 Prozent. Auch in Berlin liegt die SPD – wenn auch hauchdünn – vor den Christdemo­kraten, die AfD ist auch in der Hauptstadt, wo Mitte September gewählt wird, in Lauerstell­ung.

Mit der in weiten Bevölkerun­gsteilen populären Forderung nach einem Verbot der Burka, die von vielen Bürgern als Symbol für den radikalen Islamismus gesehen wird, versucht die Union, der islamfeind­lichen AfD den Wind aus den Segeln zu nehmen. Kanzlerin Angela Merkel, bisher strikt gegen ein Vollversch­leierungsv­erbot, sagte ihrem Innenminis­ter ihre Unterstütz­ung zu: „Aus meiner Sicht hat eine vollversch­leierte Frau in Deutschlan­d kaum eine Chance, sich zu integriere­n.“Auch das Vorhaben der Union, die Re- geln für die erst seit 2014 geltende doppelte Staatsbürg­erschaft zu verschärfe­n, ist angesichts guter Umfragewer­te für die AfD vor allem taktischer Natur. Wirklich griffige Maßnahmen gegen eine terroristi­sche Bedrohung im Landesinne­ren sind beide Vorhaben nicht.

Die Debatte rund um ein Burkaverbo­t ruft Kritiker aus SPD, Linksparte­i und Grünen auf den Plan. Und selbst innerhalb der Union wurde der Ruf laut, diese Diskussion beizulegen. Die Grünen sprechen von „reißeri- schen Forderunge­n“und einem „unwürdigen Sommerthea­ter“. Das teilweise Burkaverbo­t ist längst nicht beschlosse­ne Sache. Weite Teile der Forderunge­n aus der Union werden kaum in dieser Legislatur­periode umgesetzt werden, das Positionsp­apier ist eher als Auftakt zum Wahlkampf zu interpreti­eren. Die Union setzt sich unter anderem auch für deutlich mehr Polizeikrä­fte und eine verstärkte Videoüberw­achung öffentlich­er Plätze ein. Und der umstritten­e Einsatz der Bundeswehr im Innern soll im Falle eines Terroransc­hlags unter Führung der Bundespoli­zei möglich sein. Bereits in der vergangene­n Woche präsentier­te Thomas de Maizière seine Pläne, das Aufenthalt­srecht für straffälli­ge und gefährlich­e Ausländer zu verschärfe­n. Das Instrument der Abschiebeh­aft für kriminelle Ausländer soll stärker angewendet, die Sympathieb­ekundung für eine Terrororga­nisation künftig unter Strafe gestellt und sogenannte islamistis­che „Gefährder“in Präventivh­aft genommen werden.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria