Die CDU will ein Verschleierungsverbot „light“
Keine Vollverschleierung in der Schule, im öffentlichen Dienst, auf dem Meldeamt und bei Demos: Die CDU will die Burka teilweise aus Deutschland verbannen. Gegner wittern „Symbolpolitik“im Wahlkampf.
Als Innenminister Thomas de Maizière (CDU) vor einer Woche seine Maßnahmen für mehr innere Sicherheit vorgestellt hatte, erteilte er den eben erst bekanntgewordenen Plänen seiner Innenministerkollegen aus der Union eine ziemlich deutliche Abfuhr: Die Forderung nach einem generellen Burkaverbot sei „verfassungsrechtlich“kaum umsetzbar. „Man kann nicht alles verbieten, was man ablehnt.“
Die Innenminister der CDU-geführten Länder und Innenminister Thomas de Maizière haben sich in den letzten Tagen nun zu einem Kompromiss durchgerungen. Die Innenminister rücken von ihrer Forderung eines generellen Burkaverbotes ab, de Maizière bietet dafür ein eingeschränktes Vollverschleierungsverbot an. Burka und Niqab lehne seine Partei ab, sagte de Maizière gestern vor der Presse. Die Vollverschleierung „passt nicht zu unserer offenen Gesellschaft. Das Gesicht zu zeigen, ist für unsere Kommunikation, für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft konstitutiv.“Burka und Niqab sollen im öffentlichen Raum gesetzlich verboten werden – also in Kindergärten, Schulen, auf Universitäten, in Gerichten, auf Meldeämtern, bei Demonstrationen, „überall da, wo Identifizierung erforderlich ist“, fügte de Maizière hinzu. Offenbar geht er davon aus, dass ein teilweises Burkaverbot vor dem Bundesverfassungsgericht nun doch standhält. Verstö- ße würden gemäß den Plänen künftig geahndet. Dass de Maizière bei seinem Presseauftritt von Lorenz Caffier, CDU-Innenminister in Mecklenburg-Vorpommern, und dem Berliner CDU-Innensenator Frank Henkel flankiert wurde, offenbart, warum die Union gerade jetzt mit einem umstrittenen Forderungskatalog an die Öffentlichkeit geht.
Antworten auf die AfD
Caffier ist Spitzenkandidat bei den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern am 4. September, seine Partei wurde in einer soeben veröffentlichten Umfrage von der aktuell den Ministerpräsidenten stellenden SPD überholt, der CDU (23 Prozent) bedrohlich nahe kommt in der Erhebung die Alternative für Deutschland (AfD) mit 19 Prozent. Auch in Berlin liegt die SPD – wenn auch hauchdünn – vor den Christdemokraten, die AfD ist auch in der Hauptstadt, wo Mitte September gewählt wird, in Lauerstellung.
Mit der in weiten Bevölkerungsteilen populären Forderung nach einem Verbot der Burka, die von vielen Bürgern als Symbol für den radikalen Islamismus gesehen wird, versucht die Union, der islamfeindlichen AfD den Wind aus den Segeln zu nehmen. Kanzlerin Angela Merkel, bisher strikt gegen ein Vollverschleierungsverbot, sagte ihrem Innenminister ihre Unterstützung zu: „Aus meiner Sicht hat eine vollverschleierte Frau in Deutschland kaum eine Chance, sich zu integrieren.“Auch das Vorhaben der Union, die Re- geln für die erst seit 2014 geltende doppelte Staatsbürgerschaft zu verschärfen, ist angesichts guter Umfragewerte für die AfD vor allem taktischer Natur. Wirklich griffige Maßnahmen gegen eine terroristische Bedrohung im Landesinneren sind beide Vorhaben nicht.
Die Debatte rund um ein Burkaverbot ruft Kritiker aus SPD, Linkspartei und Grünen auf den Plan. Und selbst innerhalb der Union wurde der Ruf laut, diese Diskussion beizulegen. Die Grünen sprechen von „reißeri- schen Forderungen“und einem „unwürdigen Sommertheater“. Das teilweise Burkaverbot ist längst nicht beschlossene Sache. Weite Teile der Forderungen aus der Union werden kaum in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden, das Positionspapier ist eher als Auftakt zum Wahlkampf zu interpretieren. Die Union setzt sich unter anderem auch für deutlich mehr Polizeikräfte und eine verstärkte Videoüberwachung öffentlicher Plätze ein. Und der umstrittene Einsatz der Bundeswehr im Innern soll im Falle eines Terroranschlags unter Führung der Bundespolizei möglich sein. Bereits in der vergangenen Woche präsentierte Thomas de Maizière seine Pläne, das Aufenthaltsrecht für straffällige und gefährliche Ausländer zu verschärfen. Das Instrument der Abschiebehaft für kriminelle Ausländer soll stärker angewendet, die Sympathiebekundung für eine Terrororganisation künftig unter Strafe gestellt und sogenannte islamistische „Gefährder“in Präventivhaft genommen werden.