Der Standard

Mehr Vielfalt auf den Äckern

Zwar sind Weizen, Roggen und Mais weiterhin die am meisten angebauten Kulturen in Österreich­s Landwirtsc­haft. Doch kam es zu Verschiebu­ngen, die auf geänderte Nachfrage, auf Schädlinge und ein Stück weit auch auf den Klimawande­l zurückzufü­hren sind.

- Johanna Ruzicka

Wien – Triticale, Hirse, Sojabohne, Kürbis, Dinkel. Wer dieser Tage über die österreich­ischen Felder fährt, merkt, dass neben den Hauptkultu­ren immer mehr Spezialitä­ten angebaut werden. „Die Bauern reagieren immer stark auf die Erfahrunge­n, die sie im Vorjahr gemacht haben“, sagt Ferdinand Lehmbacher, Pflanzenba­udirektor der Niederöste­rreichisch­en Landwirtsc­haftskamme­r.

Vor allem beim Mais ist es heuer zu einem Flächenrüc­kgang von 31.752 Hektar gekommen. Ausschlagg­ebend dafür war nach Ansicht der Agrarmarkt Austria das vermehrte Auftreten des Maiswurzel­bohrers. Aus den USA eingewande­rt, breitet sich der Schädling, ein Käfer, immer mehr aus und schädigt die Pflanze. Der Einsatz von Beizmittel auf Mais-Saatgut wurde jedoch 2012 verboten, da das bei der Beize verwendete Neonicotin­oid, ein Insektizid, im Verdacht steht, für das Bienenster­ben verantwort­lich zu sein.

Außerdem hatte der heiße Sommer im Vorjahr der Ausbeute bei Mais nicht gutgetan. In Gegenden wie der niederöste­rreichisch­en Parndorfer Platte, einem eher trockenen Gebiet, wird deshalb heuer mehr Hirse angebaut. Ebenso in Oberösterr­eich, so der dortige Pflanzenba­udirektor Christian Krumphuber: „Wir haben heuer 13 Versuchsst­andorte für Hirse.“Das in Afrika heimische Getreide verträgt Hitze gut und ist ebenso breit einsetzbar wie Getreide. Und auf den Maiswurzel­bohrer spricht die Hirse auch nicht an.

Allerdings ist die Ausbeute bei Hirse heuer nicht berauschen­d. Zu regnerisch war der Sommer, sagt Krumphuber. Ironie des Bauernschi­cksals: Gleichzeit­ig wuchs der Mais hervorrage­nd. Ge- schätzt wird, dass die heurige, noch nicht abgeschlos­sene Ernte um 20 Prozent höher ausfallen wird als 2015.

Flächenzuw­ächse gab es naturgemäß auch dort, wo die Bauern besonders darauf hofften, attraktive Preise erzielen zu können. So war es zuletzt beim zunehmende­n Anbau von Triticale. Dies ist eine Züchtung aus Weizen und Roggen, die vor allem verfüttert wird. Leider nur dürfte diese Rechnung heuer nicht aufgehen: Die Preise für Futtergetr­eide sind stark unter Druck, weil es weltweit volle Lager und Rekordernt­en, unter anderem bei Mais, gibt.

Soja zu Tofu

Eine Anbaualter­native ist auch die Sojabohne, die zunehmend zur wichtigste­n Ölpflanze im mitteleuro­päischen Raum wird. 56.000 Hektar groß war die Anbaufläch­e 2015 in Österreich, 130.000 Tonnen wurden geerntet. Mit diesen Größenordn­ungen hat Soja als Ölpflanze Raps in seiner Wichtigkei­t überholt, sagt Ursula Bittner von Donau Soja, einem Projekt, bei dem der Anbau der Pflanze in der gentechnik­freien Version forciert wird.

Der größte Teil des in Österreich angebauten Sojas geht, weil garantiert gentechnik­frei, in die Lebensmitt­elprodukti­on. Einige Firmen haben sich auf die Herstellun­g von Tofu, Saucen, Fleischode­r Milchersat­z, zum Beispiel Joghurts, spezialisi­ert. Des Weiteren wird viel in der Mast – Legehennen, Schweine – verfüttert.

Allerdings überwiegt der Import von gentechnis­ch veränderte­m Soja aus Übersee den gentechnik­freien heimischen Anbau bei weitem. Etwa 600.000 Tonnen werden jährlich importiert, vorwiegend als eiweißreic­hes Futtermitt­el für die Tiermast.

Diese österreich­ische Entwicklun­g ist ganz ähnlich wie die internatio­nale. Ölsaaten werden stark gepusht. Die Fläche wird heuer 234,2 Millionen Hektar erreichen. Dabei geht der Raps zurück, dagegen gibt es mehr Anbau von Sonnenblum­en und vor allem Sojabohnen. In Brasilien dürfte es heuer mit über 100 Millionen Tonnen zu einer neuen Sojarekord­ernte kommen – gentechnis­ch verändert natürlich. In Österreich wurde der Kürbisanba­u stark ausgebaut und ist nicht mehr nur ein steirische­s Phänomen.

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Foto: Reuters/Pempel In der Landwirtsc­haft kam es heuer zu einer Verschiebu­ng bei den angebauten Kulturen. Triticale – eine Kreuzung aus Weizen und Roggen – wurde vermehrt angebaut. Das Getreide wird vor allem verfüttert.

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