„Was einem Land journalistische Qualität wert ist“
Styria-Chef Markus Mair will nun doch noch mit Interessenten über eine Zukunft für das „Wirtschaftsblatt“reden. Österreichs zweitgrößter Verlagskonzern schrieb 2015 wieder Gewinn.
STANDARD: Sie wurden 2013 Vorstandschef der Styria. Sie haben seither die verlustreichen StyriaMedienaktivitäten in Slowenien aufgegeben, einige Magazine in Österreich eingestellt oder abgestoßen und stellen nun das „Wirtschaftsblatt“ein. Sind Sie quasi der Saubermacher des zweitgrößten Verlagskonzerns im Land? Mair: Der Begriff Saubermacher gefällt mir nicht. Aber ich bin mit dem klaren Auftrag gekommen, das in den Jahren davor stark angewachsene Portfolio der Styria zu restrukturieren. Das bedeutete auch klare Anforderungen an die einzelnen Firmen im Konzern.
STANDARD: Nun kann man sich fragen: War der Expansionskurs bis 2010 zu forsch oder gar falsch, oder wurde das Ergebnis dieser Expansion dann bis 2013 nicht optimal weitergeführt? Wie kam’s zum Aufräumbedarf? Mair: Die Styria hat expandiert in einer Phase, als die wirtschaftliche Perspektive in Österreich und in den angrenzenden Märkten anders eingeschätzt wurde. Wenn man damals gewusst hätte, dass in Kroatien sechs, sieben Jahre Rezession folgen, hätte man damals wohl anders entschieden.
STANDARD: Ist das Aufräumen in der Styria mit dem „Wirtschaftsblatt“und einer Restrukturierung in Kroatien abgeschlossen? Mair: Es gibt in kleineren Bereichen der Styria noch einige Unternehmungen und Projekte, mit denen wir noch nicht zufrieden sind und die auch diesen Anforderungen nicht entsprechen. Die schauen wir uns permanent an. Wir sind da noch am Abtesten, ob nicht doch ein Modell funktio- niert, bevor wir zur Ultima Ratio greifen müssen.
STANDARD: Der Betriebsrat des „Wirtschaftsblatt“hat dem Mutterkonzern und dem Management vorgeworfen, sie hätten immer an den Kosten gearbeitet und nicht an den Einnahmen. Mair: Ich habe ein gewisses Verständnis, dass man da Schuldige oder Fehlentscheidungen sucht. Man muss das differenzierter betrachten. Da haben viele Grund zur Selbstreflexion, was zu einer nichtperformanten Entwicklung beigetragen hat. Aber diese Diskussion führe ich gerne mit den Betroffenen, aber nicht öffentlich. Im Eventbereich des Wirtschaftsblatt ist das Konzept wirtschaftlich gut aufgegangen; in der Regionalisierung haben wir die Planungen nicht erreicht. Die Gründe dafür sind nicht schwarzweiß zu sehen.
STANDARD: Die Belegschaft schreibt dem Styria-Vorstand von vorschneller Schließung, sie ruft zur Fortführung auf. Mair: Es wird weitere Gespräche mit möglichen Interessenten geben.
Standard: Nämlich? Mair: Wir haben Verschwiegenheit vereinbart, das kann ich also nicht sagen.
STANDARD: Journalistengewerkschaft wie Verlegerverband sehen durch das Aus für das „Wirtschaftsblatt“ihre Forderung nach einer neuen, höheren Medienförderung bestätigt. Sie stellen dieses „Wirtschaftsblatt“ein – haben Sie eine Idee, in welche Richtung die Förderung gehen sollte? Mair: Seit ich in der Styria bin und das mitverfolge, passiert medienpolitisch nichts. Ein Land muss überlegen, was ihm hohe journalistische Qualität wert ist, die insbesondere andere Redaktionen erfordert als ein Massenmedium. Mit diesen Themen muss man die Medienpolitik konfrontieren. Man darf da nicht vergessen: Hier geht es nicht allein um Presseförderung, sondern um öffentliches Anzeigengeld. Ein paar jener, die jetzt aufschreien und sich über die Presseförderung alterieren, sollten in ihre eigenen Umsätze schauen, welche Anzeigenkunden wie viel Gewicht haben. STANDARD: Die Styria Media Group lässt sich immer mehr Zeit, Bilanzen im Firmenbuch zu hinterlegen. Was steht 2015 unter dem Strich? Mair: Die Styria weist für 2015 sechs Millionen Euro Gewinn nach Steuern aus, vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen 10,4 Millionen.
STANDARD: Im Firmenbuch findet man für die „Presse“2014 1,83 Millionen Euro Verlust, für das „Wirtschaftsblatt“2,34 Millionen Minus. Mair: 2014 sind noch Restrukturierungsaufwendungen aus dem Projekt 2013/14 enthalten.
STANDARD: Also etwa Abfindungen für jene Mitarbeiter, die vor zwei Jahren gehen mussten, als „Presse“und „Wirtschaftsblatt“zusammengeführt wurden. Das „Wirtschaftsblatt“wird wohl 2015 ein Minus geschrieben haben, wenn über zehn Jahre 17 Millionen Verlust zusammenkamen. Wie ist es denn der „Presse“2015 gegangen? Mair: Die Presse war 2015 operativ positiv.
Seit ich in der Styria bin und das mitverfolge, passiert medienpolitisch nichts.