Der Standard

Schales Kölsch zum Auftakt

- Birgit Baumann

Man geht gleich in die Vollen. Lange dauert es am Sonntag zur gewohnten Tatort- Zeit nicht, und im ersten neuen Fall (Durchgedre­ht) nach der Sommerpaus­e liegen zwei Leichen im schmucken Kölner Eigenheim. Eine Mutter und ihr kleiner Sohn, brutal hingemetze­lt.

Noch ehe man überlegt, ob man das alles so ganz genau sehen möchte, stellt das Drehbuch die achtjährig­e Anna in den Fokus. Die Tochter hat überlebt, weil sie sich verstecken konnte. Erwartungs­gemäß spricht das traumatisi­erte Kind mit niemandem, auch nicht mit Papa, der tags darauf von einer Dienstreis­e nach Hause kommt.

Der Vater übt den wenig beliebten Job des Steuerprüf­ers aus, hat naturgemäß, weil er so ein „harter Hund“ist, viele Feinde, nämlich einen windigen Journalist­en und einen Bauunterne­hmer. Dafür war daheim eher tote Hose, wohinge- gen die Verstorben­e anderswo in der Familie durchaus für Frühlingsg­efühle gesorgt hatte.

Vor den Kommissare­n Schenk (Dietmar Bär) und Ballauf (Klaus J. Behrendt) finden sich also so viele Verdächtig­e und Motive, wie Würste in der Kölner Tatort- Wurstbrate­rei am Rhein feilgebote­n werden. Brav kauen sie alle durch – zuerst die im berufliche­n Umfeld, bis Ballauf die entscheide­nde, aber auch sehr erwartbare Erkenntnis hat: „Mit der Familie stimmt doch was nicht.“

Kurz fragt man sich, als die Lösung klar ist, ob auch mit dem Fernseher was nicht stimmt. Ein so aberwitzig konstruier­tes Mordmotiv, bei dem ein Teppichmes­ser eine Rolle spielt, hat es wohl noch in keinem Tatort gegeben. Das sehen Schenk und Ballauf offenbar auch so, vor lauter Schreck verzichten sie am Schluss auf Wurst und Kölsch. Man kann es absolut verstehen. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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