Der Standard

Das große Vermächtni­s des Kaufmanns

Jenö Eisenberge­r, Pionier des Lebensmitt­elhandels, hinterläss­t eine hochkaräti­ge Sammlung

- Andrea Schurian

Klimt und Schiele? „Die sind in meinen Augen mehr ein Bankbuch“, sagte Jenö Eisenberge­r einmal. „Und warum soll ich angeben und mir einen Picasso kaufen? Aber Emil Jakob Schindler, Tina Blau, Carl Moll: Das ist österreich­ische Folklore.“Stimmungsi­mpressioni­smus zu sammeln sei seine Art, Österreich Danke zu sagen.

Jenem Land also, in das der 1922 geborene Sohn ungarische­r Juden nach dem Zweiten Weltkrieg als mittellose­r Immigrant kam, der die Nazizeit im Budapester Untergrund, mitunter als Hitlerjung­e verkleidet, überlebt hatte. Jenem Land, dessen Lebensmitt­elhandel er revolution­ierte, als er 1961 den ersten Selbstbedi­enungslade­n eröffnete und ihn – allen antisemiti­schen Anfeindung­en von Konkurrenz und Medien zum Trotz – zur erfolgreic­hen Supermarkt­kette Löwa ausbaute. „Ich war, und ich glaube, es bleibt dabei, ich bin ein kleinbürge­rlicher Lebensmitt­elhändler“, war sein bescheiden­es Resümee.

Es war seine Frau Vera (1934– 2000), die sein Interesse für Kunst weckte. Doch zunächst legte der erfolgreic­he Selfmadema­n eher Wert auf Quantität denn auf Qualität. „Bald“, erinnerte er sich, „hatten wir an die hundert Bilder.“

Erst als er bei einem befreundet­en Kunsthändl­er zufällig auf seine späteren Lieblingsk­ünstler Schindler, Blau und Moll stieß, erkannte er den Unterschie­d zwischen Meterflach­ware und Meisterwer­ken. Und er legte mit diesen Bildern den Grundstein für seine mehr als 1500 Werke umfassende Sammlung österreich­ischer und ungarische­r Malerei des 19. Jahrhunder­ts, des Jugendstil­s, der Mo- derne. Eisenberge­r, der am 14. August verstarb, galt auch als profunder Kenner von Judaica der österreich­isch-ungarische­n Monarchie. Immer wieder duellierte er sich bei internatio­nalen Auktionen mit dem späteren Museumsgrü­nder Rudolf Leopold. Ein eigenes Museum schwebte Eisenberge­r nie vor; eine Zeitlang wollte er seine Sammlung als Dauerleihg­abe einem österreich­ischen Museum überlassen, die Verhandlun­gen scheiterte­n aber.

2009 wurde er für seine Verdienste um die Kunst mit dem OscArt, einem Preis des österreich­ischen Kunsthande­ls, ausgezeich­net: Es war die längst fällige Anerkennun­g eines lebensklug­en Kunstfreun­des, bescheiden­en Menschen und wichtigen Leihgebers und Partners internatio­naler Museen.

„Kein Mensch hat mir geholfen“, sagte er einmal. „Der einzige Background, den ich habe, ist Glück. Und das hat mir noch nie geschadet.“derStandar­d.at/1289608577­126/ Interview-Mein-Background-istdas-Glueck

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Foto: Verlag / Michael Rausch-Schott Jenö Eisenberge­r, erfolgreic­her Selfmadema­n und kenntnisre­icher Sammler.
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