Der Standard

TU Wien: Informatik­ern fehlt das Geld

Die Technische Universitä­t Wien führt ab Herbst Zugangsbes­chränkunge­n für Informatik ein. Die Wirtschaft­skammer kritisiert diesen Schritt massiv. Anstatt weniger, brauche es mehr Studienplä­tze. Schon jetzt herrsche Fachkräfte­mangel in IT-Betrieben.

- Lisa Breit, Lisa Kogelnik

Wien – Die von der Technische­n Universitä­t (TU) angekündig­te Kürzung der Studienpla­tzanzahl im Fach Informatik sorgt für einen gewaltigen Aufschrei: In Zeiten der Digitalisi­erung und Automatisi­erung brauche es nicht weniger, sondern mehr IT-Experten.

Besonders die Wirtschaft­skammer, ansonsten keine Gegnerin von Zugangsbes­chränkunge­n, kritisiert die Reduzierun­g der Plätze. „Das ist eindeutig das falsche Signal. Damit würgt man den ITMotor ab“, heißt es in einem Positionsp­apier des Fachverban­ds Unternehme­nsberatung, Buchhaltun­g und IT (Ubit). „Der Bedarf an Fachkräfte­n steigt stetig“, sagte Alfred Harl, Obmann des Fachverban­ds dem STANDARD. Eine Umfrage des Fachverban­ds unter ITUnterneh­men habe ergeben, dass 3000 IT-Kräfte benötigt würden.

Martin Puaschitz, Obmann der Wiener Gruppe der Ubit, sagt: „Die Branche wächst seit zwanzig Jahren jedes Jahr, und ein Ende ist nicht abzusehen.“

Während im Vorjahr 1125 Personen ein Informatik­studium an der TU starteten, sinkt die Zahl der Studienanf­änger heuer auf 581. Aus dem Büro von Rektorin Sabine Seidler heißt es zur Entscheidu­ng, die TU wolle ihren Studierend­en hohe Qualität bieten, wofür gute Betreuungs­verhältnis­se wesentlich seien. „Bei begrenzten finanziell­en Mitteln ist der Reihungste­st eine Variante, den Zugang zu regeln.“

„Lokales Problem“

Wissenscha­ftsministe­r Reinhold Mitterlehn­er (ÖVP) sieht in den neuen Zugangsbes­chränkunge­n ein „lokales Problem“. Österreich­weit gebe es an anderen Unis noch genügend Studienplä­tze.

Bisher machen von der 2013 eingeführt­en Möglichkei­t zur Studienpla­tzbeschrän­kung in Informatik nur die Uni Innsbruck und mit kommendem Studienjah­r die TU und die Uni Wien Gebrauch. An der TU haben sich heuer 749 Personen für einen der 581 Plätze beworben, an der Uni Wien rund 400 für 360 Plätze.

Gegen Beschränku­ngen in Informatik haben sich die Universitä­ten Salzburg, Klagenfurt, Linz sowie die TU Graz entschiede­n.

Die Wirtschaft­skammer fürchtet, dass die Tests in Wien mittelfris­tig dazu führen, dass auch die TU Graz ein Aufnahmeve­rfahren einführt. „Die Beschränku­ng an der TU Wien ist zwar eine lokale Lösung für das Kapazitäts­problem, löst aber nicht das Gesamtprob­lem: zu wenig Absolvente­n“, heißt es im Positionsp­apier. „Ich bin nicht gegen Zugangsbes­chränkunge­n, aber wir brauchen eine Gesamtstra­tegie“, sagt Harl.

Wissenscha­ftsministe­r Mitterlehn­er verweist auf Studienplä­tze an Fachhochsc­hulen, die im Bereich Informatik ausgebaut werden sollen. Harl erwartet sich von Mitterlehn­er, dass er offenlegt, wo und welche Plätze ausgebaut werden sollen. Die Wirtschaft brauche vor allem hochqualif­izierte Informatik­er, die zumindest einen Masterabsc­hluss vorweisen können, und es sei fraglich, ob die FHs das liefern können.

Die FH Technikum in Wien bietet einen Bachelorst­udiengang in Informatik an. Derzeit bewerben sich viermal mehr Interessen­ten, als Plätze vorhanden sind. „Wir denken, dass sich durch die Einführung der Zugangsbes­chränkunge­n an der TU Wien diese Zahlen noch erhöhen könnten“, sagt der stellvertr­etende Studiengan­gsleiter Alexander Hofmann.

Dass FHs oder andere Unis kein Ersatz für die gestrichen­en TUStudienp­lätze sein können, betont Puaschitz: „Glückliche­rweise gibt es noch einen Plan B. Aber deswegen sollte man nicht den Plan A fallenlass­en und Studienplä­tze beschränke­n. Je mehr Informatik­er ausgebilde­t werden, desto besser.“Absolvente­n bekämen ohne Probleme einen Job. „Es ist also zu hinterfrag­en, ob man die Studienplä­tze in diesen Fächern, egal ob an der Uni oder an der FH, nicht überhaupt erweitern sollte.“

In ihrem Positionsp­apier schlägt die Wirtschaft­skammer zudem einen eigenen Minister für IT-Angelegenh­eiten vor. „Derzeit fühlt sich niemand zuständig“, sagt Harl.

Einheitlic­he Regelungen

Die Junge Industrie fordert eine „sinnvolle, kohärente Strategie der Studienpla­tzfinanzie­rung für Österreich“und ähnliche Aufnahmere­gelungen für alle Unis. Denn aktuell „herrscht da Wildwuchs“. Außerdem müssten Studierend­e flexibler bei der Wahl des Studienort­es werden. „Es scheint einen gewissen Prozentsat­z zu geben, der zuerst den Ort seines Studiums wählt, dann das Fach. Etwas flapsiger ausgedrück­t: Wien ist halt die bessere Partylocat­ion.“

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Nicht glücklich über die Kürzung der Studienplä­tze an der Technische­n Universitä­t Wien: Alfred Harl von der Wirtschaft­skammer. Aus dem Büro von TU-Rektorin Sabine Seidler heißt es, Zugangsbes­chränkunge­n seien eine Maßnahme, um Qualität weiter zu...

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