Für 68 Prozent ist Österreich auf dem falschen Weg
Kerns Popularität nützt Koalition kaum FPÖ: 34 Prozent, SPÖ: 25, ÖVP: 18
Linz – „Alles in allem: Entwickelt sich Österreich in die richtige Richtung, oder ist das nicht der Fall?“Diese Frage stellte das Market-Institut für den Standard 400 Wahlberechtigten – und bekam eine klare Antwort: 68 Prozent meinen, dass Österreich sich nicht in die richtige Richtung entwickle, einer der höchsten Werte der vergangenen Jahre. Nur 23 Prozent gaben eine positive Antwort.
Frauen, Befragte in Ostösterreich und vor allem deklarierte FP-Anhänger haben ein überdurchschnittlich negatives Bild von der heutigen Situation. Den höchsten Anteil an Menschen mit positiver Einschätzung findet man unter ÖVP-Wählern.
Die Freiheitlichen kommen in der hochgerechneten Sonntagsfrage auf 34 Prozent – weit vor SPÖ (25) und ÖVP (18). Dabei wird der Wechsel im Kanzleramt von den meisten Befragten als positiv beurteilt, mit 37 Prozent in der (theoretischen) Kanzlerfrage ist Christian Kern auch auf einem lange nicht erreichten Spitzenwert. Seiner Partei und der Koalition nützt das aber kaum. (red)
Linz – Nur 55 Prozent der Wahlberechtigten wollen, dass Parlament und Regierung bis zum regulären Wahltermin 2018 weiterarbeiten. 38 Prozent dagegen sind dafür, dass das Parlament möglichst rasch neu gewählt wird.
Das geht aus einer in der Vorwoche durchgeführten Umfrage des Linzer Market-Instituts für den STANDARD hervor.
FPÖ liegt klar vorn
Besonders deutlich für Neuwahlen sprechen sich die erklärten Anhänger der FPÖ aus – unter ihnen und unter den in der Sonntagsfrage nicht deklarierten Befragten gibt es deutliche Mehrheiten für baldiges Wählen.
Wer bei der Wahl gewinnen würde, scheint nach dieser Umfrage ebenfalls klar: Die FPÖ hat sowohl in den Rohdaten als auch in der Hochrechnung einen großen Vorsprung vor allen anderen Parteien. Nach Market-Hochrechnung würde die FPÖ auf 34 Prozent kommen, wenn jetzt gewählt würde. Diese Hochrechnung deckt sich weitgehend mit einer ähnlichen Befragung durch Unique Research, die am Montag im Profil veröffentlicht wird – dort werden der FPÖ 33 Prozent zugetraut.
Market-Chef Werner Beutelmeyer gibt allerdings zu bedenken: „Umfragen sind Umfragen und eben keine Wahlergebnisse. Denn erstens ist eben nicht diesen Sonntag Wahl, es gibt ja auch keinen Wahlkampf, in dem sich immer auch Stimmen verschieben. Zweitens haben Persönlichkeiten einen starken Einfluss: Die Leute wählen zwar den Nationalrat, gefühlsmäßig geht es aber um den Bundeskanzler und die Regierung. Deshalb stellen wir ja auch immer die Kanzlerfrage.“
Und hier – wie auch in anderen Teilen derselben Umfrage – wird ganz deutlich, dass Christian Kern hervorragende Werte erzielen kann. 37 Prozent würden Kern zum Bundeskanzler wählen wollen, wenn der Bundeskanzler direkt gewählt werden könnte.
Einen ähnlich hohen Wert hat Wolfgang Schüssel im Oktober 2002 – kurz vor dem letzten Wahlsieg der ÖVP – erzielt. Und noch ein Vergleich findet sich im Market-Archiv: Auch Werner Faymann hat in der Kanzlerfrage einmal 38 Prozent bekommen, das war im Mai 2010, danach schwankte Faymanns Wert jahrelang zwischen 15 und 30 Prozent – nur kurz vor seiner Wiederwahl 2013 kam er einmal auf 33 Prozent. Im April dieses Jahres, kurz vor seinem Rücktritt, war Faymann mit elf Prozent Zustimmung auf dem Tiefpunkt der Popularität angelangt.
Kern hat die SPÖ-Wählerschaft ziemlich geschlossen hinter sich, aber auch jeder zweite deklarierte Grün-Wähler, jeder fünfte deklarierte ÖVP-Wähler und sogar je- der siebente erklärte Anhänger der Freiheitlichen könnte sich vorstellen, Kern zu wählen.
Direkter Vergleich
Auch im direkten Vergleich mit seinem Vorgänger Faymann – der in der Grafik dokumentiert ist – wird Kern positiv gesehen: Eine starke Mehrheit der SPÖ-Wähler und eine noch größere der ÖVPWähler halten ihn für die bessere Besetzung – ähnlich gut fällt nur der Wechsel von Gerald Klug zu Hans Peter Doskozil im Verteidigungsministerium aus. Noch kein Profil entwickelt haben die Minister Jörg Leichtfried und Thomas Drozda: Fast die Hälfte der Befragten traut sich keine Einschätzung zu, ob sie ihre Sache besser oder schlechter machen als ihre jeweiligen Vorgänger.
Und so stehen die Parteien vor Beginn der Herbstarbeit da:
Der FPÖ billigen 67 Prozent zu, dass sich ihre Lage verbessert habe (22 Prozent sehen eine Verschlechterung) – in der Hochrechnung kommt sie wie erwähnt auf 34 Prozent. Ihr Parteichef HeinzChristian Strache kommt in der Direktwahlfrage aber nur auf 23 Prozent.
SPÖ- Chef Christian Kern liegt mit seinen 37 Prozent in der Kanzlerfrage deutlich vor seiner Partei, die in der Hochrechnung 25 Prozent erhält. Nur 31 Prozent sagen, dass sich die Lage der SPÖ verbessert habe – 61 Prozent sehen trotz Regierungsumbildung eine Verschlechterung.
Noch schlechter wird die ÖVP eingeschätzt: 72 Prozent sehen eine Verschlechterung ihrer Lage, nur 19 eine Verbesserung. In der Hochrechnung ist sie auf 18 Prozent gerutscht – schlechtester Wert seit zwei Jahren, am Ende der Obmannschaft von Michael Spindelegger. Parteichef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, der lange bessere Werte als Faymann hatte, rangiert in der Kanzlerfrage mit zwölf Prozent jetzt weit abgeschlagen.
Schlechte Werte auch für die Grünen: Ihre Lage wird von 46 Prozent als verschlechtert, von 30 Prozent als verbessert gesehen. In der Sonntagsfrage kommen sie auf zwölf Prozent, Parteichefin Eva Glawischnig wollen drei Prozent als Kanzlerin sehen.
Die Neos kommen auf acht, Parteichef Matthias Strolz auf zwei Prozent. Für weitere Kleinparteien bleiben drei Prozent.