Der Standard

Sozialpart­nerstreit um Maschinens­teuer

SPÖ-Pläne für Wertschöpf­ungsabgabe finden starke ÖGB-Unterstütz­ung

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Wien – Die von der SPÖ konkretisi­erten Pläne für eine Wertschöpf­ungsabgabe haben auch unter den Sozialpart­nern den alten Streit wiederaufl­eben lassen. Während ÖGB-Präsident Erich Foglar darin einen Schritt zu mehr Gerechtigk­eit sieht, lehnte Wirtschaft­skammer-Präsident Christoph Leitl neue Steuererhö­hungen ab. Bundeskanz­ler Christian Kern hatte seit Beginn seiner Amtszeit die (in seiner SPÖ vor allem vom Pensionist­enverband propagiert­e) Maschinens­teuer als politische­s Ziel genannt.

Am Samstag schlug er in der Presse zum „Einstieg“eine Umstellung der Finanzieru­ng des Familienla­stenausgle­ichsfonds vor. Die Arbeitgebe­rbeiträge auf Basis der Lohnsumme würden um rund 2,5 Milliarden Euro gesenkt, dafür aber Beiträge auf Basis von Gewinnen eingehoben. Unter dem Titel „Wertschöpf­ungsabgabe“würden auch Gewinne, Fremdkapit­alzinsen, Mieten und Pachten zur Finanzieru­ng der sozialen Sicherung herangezog­en.

Der Familienla­stenausgle­ichsfonds (Flaf) wird derzeit von den Unternehme­n gespeist – und zwar nur auf Basis der Lohn- und Gehaltssum­me. Die Arbeitgebe­r müssen 4,5 Prozent davon als Flaf-Beitrag einzahlen – bzw. ab 2017 4,1 und ab 2018 3,9 Prozent.

Diesen Beitrag will die SPÖ neu zusammense­tzen: Drei Prozent der Nettowerts­chöpfung sollen Unternehme­n einzahlen. Die Gesamtsumm­e der Flaf-Einnahmen – rund sechs Milliarden Euro – bliebe damit gleich. Aber rund zwei bis 2,5 Milliarden Euro der Beiträge kämen aus der Wertschöpf­ungsabgabe.

Dadurch würden personalin­tensive Branchen entlastet, dafür aber Branchen mit hohem Kapitalant­eil oder Gewinnen stärker belastet. Bei kleinen Betrieben mit wenigen Mitarbeite­rn würde die FlafBemess­ungsgrundl­age stärker steigen, Betriebe mit vielen Mitarbeite­rn wären deutlich weniger betroffen – sie profitiere­n in diesem Modell von der Senkung der Lohnnebenk­osten. Für Einpersone­nunternehm­en (von denen viele über die Fremdkapit­alzinsen stark betroffen wären) sind Freibeträg­e vorgesehen, um sie nicht übermäßig zu belasten.

„In Zeiten der Digitalisi­erung, in der immer mehr Branchen mit immer weniger Beschäftig­ten auskommen, ist es höchst an der Zeit, nicht nur die Arbeitsein­kommen als Finanzieru­ngsgrundla­ge für den Sozialstaa­t heranzuzie­hen“, argumentie­rt Gewerkscha­fter Foglar für das SPÖ-Modell: „Würde man das Sozialsyst­em erst heute erfinden, würde man wohl kaum auf die Idee kommen, hauptsächl­ich Beiträge aus Arbeit dafür zu verwenden.“

Ein klares Nein dazu deponierte hingegen Wirtschaft­skammerprä­sident Leitl: „Anstatt immer wieder Umverteilu­ngskonzept­e zu präsentier­en, sollte vielmehr über eine Entlastung der Betriebe durch Investitio­nsanreize, Arbeitszei­tflexibili­sierung und einen spürbaren Bürokratie­abbau nachgedach­t werden.“

Der scheidende Wifo-Chef Karl Aiginger hält zwar den hinter der Wertschöpf­ungsabgabe liegenden Denkansatz, die Arbeitskos­ten zu senken, grundsätzl­ich für richtig, teilt die SPÖ-Forderung aber trotzdem nicht. Investitio­nen höher zu besteuern sei der falsche Weg, meinte Aiginger im Ö1-Mittagsjou­rnal. (APA)

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