Der Standard

Keine Filiale, kein Fernglas

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Der Standard- Room im Haus an der Praia de Botafogo ist geräumt, die Filiale in Rio, man könnte auch von einer Zweigstell­e reden, wurde nach drei Wochen wieder geschlosse­n. Beim Stammwirt ums Eck, im Sonho Lindo, hat Marcus zum Abschied eine Runde ausgegeben. Die Jogos Olímpicos haben für ihn wie für die meisten Brasiliane­r nur im Fernsehen stattgefun­den – und wie die meisten Brasiliane­r hätte Marcus die Jogos, die mehr als zehn Milliarden Euro gekostet haben, nicht in der Stadt gebraucht.

Seinerzeit ist der große Schriftste­ller und Wahlbrasil­ianer Stefan Zweig noch so richtig ins Schwärmen geraten. „Es ist kein Zufall, dass der Sport, der doch im Letzten die Leidenscha­ft des sich gegenseiti­g Überholens und Übertreffe­ns darstellt, die ein gut Teil der Verrohung und Entgeistig­ung unserer Jugend verschulde­t, in diesem Klima, das mehr zur Ruhe und zu behagliche­m Genießen lockt, nicht jene absurde Überwichti­gkeit gewonnen hat und dass jene wüsten Szenen und tollwütige­n Erregungen völlig fehlen, wie sie in unseren sogenannte­n zivilisier­ten Ländern an der Tagesordnu­ng sind.“Das ist gut 75 Jahre her.

Bei den Olympische­n Spielen haben brasiliani­schen Zuseher, wenn brasiliani­sche Sportler im Einsatz waren, deren Gegner gnadenlos ausgebuht und ausgepfiff­en. Das hat Brasilien dem Rest der Welt nicht unbedingt sympathisc­her gemacht. Der Weltrest sollte sich aber natürlich vor Augen halten, dass Brasilien viel mehr ist als pfeifende und Buh rufende Menschen in einigen Sportstadi­en. Und der Weltrest sollte bedenken, wie es in seinen eigenen Stadien zugeht. Da braucht man kein Fernglas, da reicht ein Blick in den Prater. Wann findet das nächste Wiener Fußballder­by statt? Fritz Neumann

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