Ritter ohne Bass und Tadel
Das junge österreichische Trio Edi Nulz ist – mit seinem formidablen Album „An der vulgären Kante“im Gepäck – beim Jazzfestival Saalfelden zu Gast. Ein Gespräch über kaputte Surfmusik und Spontanlieder in Liedern.
Wien – Edi Nulz ist jederzeit für Täuschungsmanöver und Überraschungen gut. Das beginnt beim Namen, der einem Ritter, Begründer des fiktiven Orts Krachberg, geschuldet ist. Nicht weniger fintenreich ist allerdings auch die Musik dieses Trios, das sich hinter der verspielten Mythologie um den Bandnamen versteckt.
Kammermusikalisch anmutende Kompositionen werden mit von Punk-Ethos geprägten Improvisationen vermengt und mit der Schlagkraft einer heftigen RockBand präsentiert – dabei ohne Bass, dafür aber mit Humor und Lust am Unberechenbaren. „Mit viel Interaktion auf der Bühne und Humor kann man komplexe, schwere Kost spielen, ohne dass es die Leute richtig merken“, meint der Schlagzeuger der Formation Valentin Schuster.
An der Kunst-Uni
Begonnen hat alles ziemlich lärmig, als Duo mit Gitarrist Julian Adam Pajzs, das sich freien Improvisationen verschrieb. Für das Abschlusskonzert von Schuster an der Grazer Kunst-Uni versuchte man sich auch an notiertem Mate- rial, und zwar derart erfolgreich, dass noch im September 2011 das Debütalbum Jetzt – und dies mit dem Dritten im Bunde, Bassklarinettist Siegmar Brecher – aufgenommen wurde.
Dass Improvisationen oft durchkomponiert wirken und umgekehrt Kompositionen den Anschein des spontan-chaotischen erwecken, ist auch fünf Jahre später ein Markenzeichen von Edi Nulz geblieben. Das sei allerdings kein spezielles Konzept, sondern habe sich so ergeben.
Valentin Schuster dazu: „Wir haben gern Nummern, die man auf sehr unterschiedliche Arten spielen kann, und versuchen uns dann live gegenseitig zu überraschen. Die Improvisationen haben sich dabei in eine Richtung entwickelt, dass sie manchmal wie kleine Lieder innerhalb eines Liedes wirken.“
Die lieben Einflüsse
Keine Angst. Mit der oft eher nervenden Aneinanderreihung halsbrecherischer Breaks, mit der schlechte Fusion-Bands vermeintliche Virtuosität ausstellen, haben die stimmigen Szenenwechsel von Edi Nulz nichts zu tun. Die relevanten Einflüsse, die die drei studierten Jazzer in die Band eingebracht haben, sind dabei durchaus recht unterschiedlich. Konsens herrscht dabei hinsichtlich der Vorliebe für die kalifornischen Pop-Dekonstruktivisten von Deerhoof.
Wir stehen aber auch auf kaputte Latin-und Surf-Musik“, ergänzt Schuster. Als kostbare Fundgrube haben sich dabei unter anderem Beat-Music-Sampler der DDRPlattenfirma Amiga erwiesen. Dass sich Hardcore Punk und Death Metal mit Free Jazz verbinden und damit gehörig Druck aufbauen lässt, hat man bei der USFusion-Band The Flying Luttenbachers gehört, bei der ebenfalls eine Bassklarinette zum Einsatz kam.
An sich kein lautes Instrument, gehört die Bassklarinette zu den wesentlichen Ingredienzien von Edi Nulz. Bandkollege Brecher hat in den Jahren des Zusammenspielens einen brachialeren Sound entwickelt, der mit Drums und EGitarre nicht nur mithält, sondern mühelos zwischen melodiösen Improvisationen und groovigen Basslinien wechselt.
Gewisse Intensität
Umgekehrt wechselt auch Gitarrist Pajzs mit der Baritongitarre immer wieder in tiefere Frequenzbereiche. „Rock-Band heißt, dass es nicht nur unten rum anschieben muss, das braucht schon eine gewisse Intensität“, meint Schuster zu diesem Punkt.
Zwar sei auch der Fake Jazz der Lounge Lizards vom Habitus für sie wichtig gewesen, aber mit dem mittlerweile dritten Studioalbum hat sich Entspannung eingestellt: „Es geht uns nicht mehr darum, konkret von irgendwem etwas auszuborgen oder etwas ganz bestimmtes zu machen. Wir wollen einfach schöne Musik schreiben und spielen.“Und dies auch sicher beim am Donnerstag beginnenden renommierten Jazzfestival in Saalfelden. Edi Nulz, „An der vulgären Kante“(Unit Records); Jazzfestival Saalfelden (25.–28. 8.), am 27. 8., 15.30 pwww. jazzsaalfelden.com