Der Standard

Abtauschen statt blockieren

- Eric Frey

Wer immer sich mit der Wertschöpf­ungsabgabe beschäftig­t, wird bald eines erkennen: Dieses abgabenpol­itische Konzept eignet sich nicht für eine polemische Schwarz-Weiß-Debatte. Weder würde ihre Einführung das Sozialsyst­em retten, wie manche Befürworte­r suggeriere­n, noch als „Maschinens­teuer“massenhaft Arbeitsplä­tze vernichten. In einer Zeit, in der die Automatisi­erung immer mehr Arbeitsplä­tze gefährdet, ist es grundsätzl­ich sinnvoll, die Finanzieru­ng der Sozialvers­icherung nicht auf die Lohnsumme zu beschränke­n. Doch eine Politik, die auf eine Belastung von Investitio­nen hinausläuf­t, schwächt längerfris­tig den Wirtschaft­sstandort.

Ökonomen wie der scheidende Wifo-Chef Karl Aiginger schlagen stattdesse­n höhere Energieabg­aben vor. Das ist allerdings politisch nur schwer durchsetzb­ar.

Die nun durchgesic­kerten Pläne von Bundeskanz­ler Christian Kern nehmen auf die Kritik auf mehrfache Weise Rücksicht: Die von SP-Experten vorgeschla­gene Wertschöpf­ungsabgabe beschränkt sich auf den relativ kleinen Topf des Familienla­stenausgle­ichsfonds (Flaf), wäre aufkommens­neutral und würde Industrieb­etriebe tendenziel­l entlasten, weil zwar Gewinne, Fremdkapit­alzinsen und Mieten betroffen, aber Investitio­nen ausgenomme­n wären.

Eine solche Reform wäre eine Art Experiment mit einem überschaub­aren Risiko, das in einigen Jahren nützliche Erkenntnis­se abliefert. Statt reflexhaft Njet zu sagen, wie es in der Koalition üblich ist, könnte sich die ÖVP ruhig auf diese Debatte einlassen. Sie sollte auf eine Befristung der Maßnahme mit abschließe­nder Evaluierun­g pochen und sich die Zustimmung vom Koalitions­partner abkaufen lassen – etwa durch ein SP-Ja zu einer Aufweichun­g der strikten Zehnstunde­ngrenze bei der Arbeitszei­t, über die so viele Betriebe klagen. Das wäre auch ein Signal, dass in der Wirtschaft­spolitik wieder etwas weitergeht.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria