KOPF DES TAGES
Der etwas andere Tycoon vom Balkan
Protziger Luxus, Villen, Yachten, Schlagzeilen in Rubriken über den Jetset, Fotos mit Politikern und Promis, kitschige Hollywoodhochzeiten, in Affären verwickelte Kinder: So stellt man sich einen Tycoon vom Balkan vor. Nijaz Hastor (65) ist genau das Gegenteil dessen. Der Mann, dessen Lieferboykott tagelang den VW-Konzern lahmgelegt hat, meidet die Medien. Im Internet kann man zwar Angaben über seine Geschäfte finden, aber kaum etwas Persönliches. Er zieht es vor, die Öffentlichkeit zu meiden und auch nicht mit geschäftlichen Erfolgen zu prahlen.
Wie der Vater, so die Söhne: Über die Erben des von Hastor gegründeten Geschäftsimperiums, Damir und Kenan, kann man auch kaum etwas erfahren. Beide wurden in Sarajevo geboren, sind aber in Deutschland und den USA groß geworden und haben dort Wirtschaft studiert. Die Geschäftsführung hat der Vater ihnen allmählich überlassen. Über die Hochzeit des „begehrtesten Bräutigams“Bosniens, Damir, konnte die Boulevardpresse fast nichts erfahren, es hieß lediglich: „Die Hochzeit fand im engsten Kreis der Familie und von Freunden, im Stillen und ohne übertriebenen Luxus statt.“
Nijaz Hastor wurde am 1. Jänner 1951 im bosnischen Dorf Ustiprača bei Goražde geboren. Nach dem Wirtschaftsstudium in Sarajevo begann er 1974 im bosnischen VW-Werk (Tvornica Automobila Sarajevo – TAS) zu arbeiten, wo er innerhalb von 15 Jahren zum Topmanager wurde. Noch vor dem Zerfall Jugoslawiens wechselte er 1989 in die Zentrale nach Wolfsburg.
Hastors Höhenflug begann 1995: Er nutzte seine guten Kontakte bei der bosnischen Privatisierung und gründete die erste Fabrik in Goražde. Mittlerweile beschäftigt die in Slowenien registrierte ASAPrevent-Gruppe rund 6500 Mitarbeiter in Bosnien und hat eine eigene Bank. Hastors Fokus liegt klar auf der Autoindustrie: Autositzbezüge, Getriebegehäuse, Sitzstrukturen und Bremsen. Doch die vielen mit Prevent verbundenen Gesellschaften stellen auch Yachten, Bekleidung und Möbel her. In Österreich gehören die Lederfabrik Mattighofen (OÖ) und der Autotextilhersteller Eybl (NÖ) zu seiner Gruppe.
In einem der seltenen Interviews sprach Nijaz Hastor 2005 wehmütig über Ustiprača, wie „stolz“er auf sein Dorf sei, „die wunderschönen Orte meiner Kindheit und die Schönheit der Drina“. Im Ruhestand aber, so heißt es, wolle er sich mit seiner Frau in seiner Villa in Sarajevo niederlassen.