Lesbos: Hunderte Flüchtlinge obdachlos
Ein Brand im Registrierungslager Moria zerstörte etwa 60 Prozent der Unterkünfte. Hilfsorganisationen und lokale Behörden warnen vor der Überfüllung der Lager und mangelnder Sicherheit.
Moria/Wien – Die Bilanz eines Brandes im Registrierungslager für Flüchtlinge auf der griechischen Insel Lesbos ist verheerend: In der Nacht auf Dienstag flüchteten die rund 5000 Menschen, die sich im überfüllten Camp von Moria befanden, vor den Flammen, die etwa 60 Prozent der Unterkünfte im Lager zerstörten. Etwa 800 Personen sind nun obdachlos, die griechischen Behörden hatten Dienstagvormittag einen Krisenstab mit den Hilfsorganisationen einberufen.
Zwar ist die Ursache für das Feuer noch nicht klar, doch gehen die Ermittler von Brandstiftung aus. Ein Streit unter Lagerbewohnern hatte laut Berichten zu Zusammenstößen geführt. 18 Verdächtige wurden festgenommen – sie sollen Zelte in Brand gesetzt haben. Verletzt wurde niemand. 40 zusätzliche Polizisten wurden nach Lesbos entsandt.
UNHCR: Wenig Sicherheit
Das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) reagierte prompt und schickte 100 Familienzelte von Athen nach Lesbos. „Doch Zelte allein werden das Problem auf den griechischen Inseln nicht lösen“, sagt Roland Schönbauer von UNHCR Griechenland. Dass es zu solch einem Unglück gekommen sei, liegt für ihn in mehreren Fak- toren begründet. Vor allem liegt es an der mangelnden Sicherheit in den von der griechischen Regierung geführten Unterkünften. Bereits seit Monaten würde UNHCR in Gesprächen mit den Behörden stehen, um sie dazu zu bringen, Anzeigen und Gerüchten über Unruhen vermehrt nachzugehen: „Es geht um die Sicherheit der Flüchtlinge, jene der Beamten, die im Lager arbeiten, und um das bessere Zusammenleben mit der lokalen Bevölkerung“, sagt Schönbauer.
Dass es mit der heimischen Bevölkerung vermehrt zu Spannungen kommt, ließ sich auch in der Nacht auf Dienstag beobachten. Medien berichteten, dass die Bewohner des nahe gelegenen Ortes Moria die flüchtenden Campbewohner zurückdrängten. Sie mussten daraufhin in die rund 25 Kilometer entfernte Inselhauptstadt Mytilene fliehen.
Um solchen Unglücken vorzubeugen, plädiert das Flüchtlingshochkommissariat – gemeinsam mit anderen Hilfsorganisationen vor Ort – für vermehrte Transporte der Asylsuchenden auf das Festland bzw. in weiterer Folge in andere EU-Staaten. In dem Zusammenhang kritisiert Schönbauer einmal die fehlende EUHilfe für Griechenland: „Das Relocation-Programm der EU sieht vor, dass 66.400 Flüchtlinge von Griechenland auf andere Mitgliedsstaaten aufgeteilt werden. Das Versprechen kam im September des Vorjahres. Bis dato waren es 3700 Flüchtlinge, die transferiert wurden.“
Außerdem sollten laut UNHCR die Asylverfahren beschleunigt und die Abschiebungen nach negativen Bescheiden effektiv durchgeführt werden. „Natürlich unter Wahrung der Menschenrechte“, so Schönbauer. „Die Lage ist schwierig“, sagte Christiana Kalogirou, Gouverneurin der Region nördliche Ägäis, zu einem TV-Sender. Man müsste dringend die Engpässe bei Unterkünften auf den Inseln beseitigen.
Auf Lesbos befinden sich derzeit etwa 5650 Flüchtlinge, obwohl die Unterkünfte eigentlich nur Platz für 3500 Menschen bieten. Vor allem das einsetzende schlechte Wetter mit dem Regen würde die Lage der Asylsuchenden, die im Moment obdachlos sind, erschweren. (bbl)