Studie: Schlechtere Jobchancen mit Kopftuch
Großangelegter Feldversuch mit fiktiven Bewerbungen
Wien – Sandra Bauer bekommt den Job, Meryem Öztürk nur eine Absage. Circa so könnte man die Ergebnisse von Ökonomin Doris Weichselbaumer der Uni Linz zusammenfassen. Für den großangelegten Feldversuch im Auftrag des Instituts zur Zukunft der Arbeit wurden 1500 fiktive Bewerbungen – einmal unter dem Namen Bauer und einmal unter dem Namen Öztürk – an Unternehmen in Deutschland verschickt und dann die Rückmeldungen der Personalabteilungen analysiert.
In der Zusammenfassung heißt es ganz deutlich: „Die Ergebnisse weisen eindeutig auf die – bewusste oder unbewusste – Diskriminierung von Bewerberinnen mit Kopftuch und Migrationshintergrund hin.“
Die fiktiven Lebensläufe von Sandra Bauer und Meryem Öztürk waren identisch: Sowohl gleiche Qualifikationen wie auch das gleiche Foto wurden versendet. Sandra Bauer wurde bei diesem Versuch in 18,8 Prozent der Fälle eingeladen, bei Meryem Öztürk kam es nur in 13,5 Prozent zum Bewerbungsgespräch. Krasser fiel der Unterschied aus, wenn Öztürk mit Kopftuch abgebildet war: In nur 4,2 Prozent gab es eine positive Antwort.
Um eingeladen zu werden, musste sich Öztürk 4,5-mal häufiger bewerben, als Sandra Bauer. Für Studienautorin Weichselbaumer ist dieser Wert „außerordentlich“.
Auffällig auch: Mit steigendem Qualifikationsniveau nahm die Diskriminierung zu. Musste sich Öztürk für eine Stelle als Sekretärin 3,5-mal häufiger bewerben als Bauer, waren es für eine Stelle als Bilanzbuchhalterin 7,6-mal mehr Bewerbungen für die kopftuchtragende Bewerberin.
Die einzige positive Nachricht: In Ausschreibungen, in denen interkulturelle Kompetenz oder eine interkulturelle Belegschaft erwähnt wurde, erhöhten sich die Chancen für die fiktive Bewerberin Öztürk um fast 40 Prozent. Allerdings wird interkulturelle Kompetenz nur in wenigen Fir- men als Bewerbungskriterium angegeben.
Würde die Studie in Österreich durchgeführt, rechnet Weichselbaumer mit ähnlichen Ergebnissen. Anonymen Bewerbungen als Lösung steht Weichselbaumer ambivalent gegenüber: Es gebe sowohl positive als auch negative Studien dazu. „Vielleicht wird ja dann beim Gespräch wieder diskriminierend aussortiert.“Viel wichtiger sei es, an gesellschaftlicher Akzeptanz und Offenheit zu arbeiten. (lhag)