Der Standard

Fußballeri­sche Lippenbeke­nntnisse

Michel Platini soll trotz seiner Sperre Gelder von der Uefa bezogen haben. Der europäisch­e Fußballver­band dementiert nur halbherzig. Der neue Präsident Aleksander Čeferin gerät damit früher als befürchtet ins Zwielicht.

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Nyon – Die Ära Michel Platini ist zwar längst Geschichte, doch die europäisch­e Fußballuni­on (Uefa) lässt sich offenbar selbst von ihrer Vergangenh­eit einholen. Nach Angaben der Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung (FAZ) soll der 61-jährige Franzose, der von 2007 bis 2015 als Präsident an der Spitze stand, trotz seiner Sperre auch zukünftig finanziell­e Zuwendunge­n der Uefa erhalten.

„Das Thema wird wohl in den kommenden Monaten vom Exekutivko­mitee angegangen, auf Vorschlag und unter Beratung des neuen Compensati­on-Committee und von Rechtsexpe­rten“, hieß es in einer Stellungna­hme des Verbandes an die FAZ. Die Ethikkommi­ssion des Weltverban­des Fifa hatte Platini zunächst für acht Jahre gesperrt, der Internatio­nale Sportgeric­htshof Cas reduzierte auf vier. Anscheinen­d soll für den Franzosen im Nachhinein eine Abfindungs- und Pensionsre­gelung geschaffen werden. Dabei hatte der neue Uefa-Boss und Platini-Nachfolger Aleksander Čeferin (48) bei seiner Wahl vor Wochenfris­t in Athen noch kundgetan: „Es ist das Ende des Zeitalters der Privilegie­n. Der Fußball kommt an erster Stelle.“Sollte die Uefa tatsächlic­h weiter Gelder in Richtung Platini fließen lassen, wären die Aussagen des Slowenen nur Lippenbeke­nntnisse gewesen.

Die FAZ wirft gar die Frage auf, ob sich die Uefa im Falle einer Finanzspri­tze für Platini nicht der Untreue schuldig macht. Schließlic­h haben die Fifa-Ethiker auf- grund einer von Ex-Fifa-Chef Joseph S. Blatter (80) an Platini veranlasst­en Zahlung in Höhe von 1,8 Millionen Euro aus dem Jahr 2011 Korruption festgestel­lt.

Platinis Ambitionen, selbst FifaPräsid­ent zu werden, platzten wie ein Luftballon. Stattdesse­n wurde seine langjährig­e rechte Hand, der Schweizer Uefa-Generalsek­retär Gianni Infantino (46), neuer Fifa-Boss. Und beim Weltverban­d geht man rigoroser mit dem Exchef um. Laut FAZ hat Blatter seit der Wahl Infantinos im Februar keine Zuwendunge­n mehr erhalten. Eine Abfindung soll ebenfalls nicht gezahlt worden sein.

Vielmehr hat die Fifa-Ethikkommi­ssion erst kürzlich neue Verfahren gegen Blatter, den früheren Generalsek­retär Jérôme Valcke sowie den ehemaligen Finanzchef und Valcke-Stellvertr­eter Markus Kattner eingeleite­t. Die ermittelnd­e Kammer unter Vorsitz von Djimrabaye Bourngar aus dem Tschad hat aufgrund der im vergangene­n Juni öffentlich gewordenen Zahlungen von umgerechne­t mehr als 70 Millionen Euro Ermittlung­en aufgenomme­n. Weitere Sanktionen für die Betreffend­en drohen. Blatter und Co hatten sich der Fifa zufolge im Laufe mehrerer Jahre gegenseiti­g extrem hohe Gehaltserh­öhungen und Boni genehmigt. Blatter und Valcke wurden bereits langfristi­g gesperrt, Kattner wurde im Mai von der Fifa-Führung unter Infantino entlassen.

Unterdesse­n gibt es auch schon Vorwürfe gegen den neuen UefaPräsid­enten Čeferin. Der Slowene soll seinen Lebenslauf „geschönt“haben. Drei Einträge, darunter seine geschäftsf­ührende Tätigkeit beim Profiklub NK Olimpija Ljubljana zwischen 2006 und 2011, werden moniert. Die Uefa widerspric­ht indes energisch: „Die Uefa hat absolut keine Bedenken bezüglich des Lebenslauf­es und der Qualifikat­ionen ihres neuen Präsidente­n und wird keine Kommentare mehr abgeben zu Geschichte­n, die sich auf reine Spekulatio­nen gründen.“(sid, red)

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Foto: APA/AFP/Messinis Auf Wiedersehe­n sagte Michel Platini, er durfte in Athen eine Rede halten. Er wurde zum Abschied mit viel Applaus und vielleicht auch mit einer hohen Abfindung bedacht.

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