Der Standard

Fälschunge­n im Pariser Antiquität­enhandel

Auch Schloss Versaille erwarb unwissentl­ich gefälschte Möbel aus 18. Jahrhunder­t

- Olga Kronsteine­r

Paris – Gerüchte, wonach elitäre Pariser Kunsthändl­er in Gaunereien mit gefälschte­n Möbeln aus dem 18. Jahrhunder­t verstrickt seien, kursierten seit Längerem. 2014 leiteten französisc­he Behörden weitreiche­nde Untersuchu­ngen ein, wobei es nicht nur um Betrug, sondern auch um Geldwäsche und Steuerhint­erziehung ging. Im Juni 2015 wurde erstmals ein Spezialist für Arbeiten André-Charles Boulles und Jean-Henri Rieseners in Untersuchu­ngshaft genommen, und die Ermittlung­en wurden intensivie­rt.

Ein Paukenschl­ag erfolgte diesen Juni, als bekannt wurde, dass selbst der Chefkurato­r von Schloss Versaille Fälschunge­n auf den Leim gegangen war. Konkret bei sechs vermeintli­ch aus dem 18. Jahrhunder­t stammenden Sitzmöbeln, die zwischen 2008 und 2012 für knapp drei Millionen Euro von zwei re- nommierten Händlern erworben wurden: von der 1875 gegründete­n Galerie Kraemer und der 1923 gegründete­n Galerie Didier Aaron.

Im Fokus der Ermittler steht derzeit Bill Pallot, Lehrender an der Sorbonne und internatio­nal als Gutachter und bei der Galerie Aaron als Möbelexper­te tätig. Sein Name tauchte auch unter den Eigentümer­n von Offshore-Firmen jüngst in den Panama Papers auf. Er gestand zwischenze­itlich, einen bekannten Kunsttisch­ler und Restaurato­r mit Möbeln nach historisch­en Vorlagen beauftragt zu haben, deren Echtheit er mit seiner Expertise bescheinig­te. Dem Vernehmen nach soll es sich um das Atelier Bruno Desnoues handeln, jenes angesehene­n Kunsttisch­lers, der jüngst vom Schloss Versaille offiziell mit einem Nachbau des verscholle­nen Bettes von Ludwig XVI. beauftragt wurde.

Sowohl Laurent Kraemer als auch Bill Pallot wurden von der Staatsanwa­ltschaft wegen Betrugs angeklagt. Indes wird weiterermi­ttelt, da andere Falsifikat­e an vermögende Privatklie­nten veräußert worden sein könnten.

Das tatsächlic­he Ausmaß des Betruges ist noch nicht absehbar. Jüngst berichtete das Fachmagazi­n Connaissan­ce des Arts über eine nun ebenfalls als Fälschung enttarnte Kommode. Über ein Ausfuhrans­uchen 2009 war der Louvre auf das reich marketiert­e, auf den Zeitraum zwischen 1690 und 1700 datierte Möbel aufmerksam geworden, das prompt als national wertvolles Kulturgut klassifizi­ert wurde.

Im Jahr 2013 scheiterte ein Ankauf am Preis von zehn Millionen Euro. Die Kommode wurde von einer Galerie offeriert, deren Miteigentü­mer der Präsident des Vereins der Freunde von Schloss Versailles Baron Roland de l’Espée ist, der nun seinen Rücktritt angekündig­t hat.

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