Der Standard

Wo Osama Bin Laden Viagra einwirft

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9/11 machte Osama Bin Laden zum Staatsfein­d Nummer eins der USA. Im Mai 2011 wurde er, fast zehn Jahre nach den Terroratta­cken auf das New Yorker World Trade Center, von US-Spezialein­heiten der Navy Seals im pakistanis­chen Abbottabad getötet. Das ist zumindest die offizielle Version der US-Regierung, die den damaligen Wahlkampf Präsident Barack Obamas positiv beeinfluss­te.

Dass womöglich nicht die ganze Wahrheit über die Jagd nach dem Terrorfürs­ten erzählt wurde, mutmaßte 2015 der USEnthüllu­ngsjournal­ist Seymour Hersh in einem Text für die Zeitschrif­t London Review of Books. Bin La- den, so Hersh, sei seit 2006 Gefangener Pakistans gewesen, ein Geheimdien­stoffizier hätte den Al-KaidaChef schließlic­h gegen eine hohe Belohnung verraten.

Etwa zeitgleich mit Hersh publiziert­e der niederländ­ische Schriftste­ller Leon de Winter eine definitive Fiktionali­sierung der Ereignisse, die er am Donnerstag im Salzburger Literaturh­aus präsentier­t: Der Titel Geronimo (deutsche Fassung: Diogenes, 2016) verweist auf das Codewort, mit dem die Navy Seals das Finden bzw. die Tötung Bin Ladens bestätigen sollten. Im Kolportage­politthril­ler de Winters kidnappen die US-Soldaten Bin Laden, um ihn vor ein Gericht zu stellen. Das geht in die Hose, denn Saudis nehmen Entführte und Entführer gefangen.

Aus verschiede­nen Erzählpers­pektiven entwickelt der niederländ­ische Erfolgsaut­or seine Alternativ­geschichts­schreibung, die auf einer zufälligen Begegnung mit einem Ex-USGeheimdi­enstmitarb­eiter beruhen soll. Aus dessen Aussagen und der eigenen Fantasie hat de Winter einen virtuosen Mix aus Fiktion und Fakten gesponnen, der dem Viagra einwerfend­en Bin Laden sogar sympathisc­he Züge verleiht. Am Ende ist Bin Laden jedenfalls auch in Geronimo tot. (dog) 22. 9., Salzburg, Literaturh­aus 19.30 pliteratur­haus- salzburg.at

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