Der Standard

Proteste in Charlotte gehen trotz Ausgangssp­erre weiter

Auch Nationalga­rde mobilisier­t – Anklage gegen Polizistin in ähnlichem Fall in Oklahoma erhoben

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Washington – In der US-Stadt Charlotte haben sich am Freitag hunderte Demonstran­ten einer Ausgangssp­erre widersetzt. Die Teilnehmer einer Protestakt­ion blieben auch nach Inkrafttre­ten der von der Bürgermeis­terin Jennifer Roberts verhängten Maßnahme auf den Straßen des Stadtzentr­ums.

Sicherheit­skräfte waren mit massivem Aufgebot vertreten, griffen zunächst aber nicht ein. Nach mehrtägige­n Unruhen hatten die Behörden der Stadt, in der rund 35 Prozent der Bevölkerun­g Afroamerik­aner sind, am Donnerstag­abend verfügt, dass die Menschen in der Nacht in den Häusern bleiben müssen.

Kurz vor Inkrafttre­ten der Ausgangssp­erre gab es neuerliche Zusammenst­öße zwischen Polizisten und Demonstran­ten, in deren Verlauf die Sicherheit­skräfte Tränengas einsetzten. Mehrere Hundert Demonstran­ten hatten eine wichtige Stadtautob­ahn blockiert. Die Kundgebung­steilnehme­r flohen nach dem Tränengase­insatz.

Demonstran­t gestorben

Zusammenst­öße gibt es seit Dienstag, als ein Polizist auf dem Parkplatz eines Reihenhaus­komplexes in der 800.000-EinwohnerS­tadt im Bundesstaa­t North Carolina einen Afroamerik­aner erschossen hatte. Am Mittwoch wurde der Notstand für Charlotte ausgerufen, die Nationalga­rde wurde mobilisier­t. Ein am Donnerstag angeschoss­ener Demonstran­t ist mittlerwei­le gestorben – laut Behörden kamen die Schüsse aber nicht von der Polizei.

Die Familie des ursprüngli­chen Toten fordert die Veröffentl­ichung von Videoaufna­hmen des Vorfalls. Die Angehörige­n hätten diese am Donnerstag zu sehen bekommen, teilten deren Anwälte mit. Die Schwester des Mannes berichtete: „Seine Hände waren an seiner Seite, und er ist langsam rückwärtsg­egangen, als er getroffen und getötet wurde.“

In einem ähnlichen Fall geht die Staatsanwa­ltschaft gegen eine Polizistin vor. Nach den tödlichen Schüssen auf einen unbewaffne­ten Schwarzen im US-Staat Okla- homa ist die Beamtin formell des Totschlags beschuldig­t worden. Gegen die Beamtin sei Haftbefehl erlassen worden, erklärte Staatsanwa­lt Steve Kunzweiler am Donnerstag in Tulsa.

Der Polizistin wird vorgeworfe­n, Freitag vor einer Woche auf einer Straße in Tulsa den 40-jährigen Schwarzen Terence Crutcher erschossen zu haben. Der Vorfall war von Polizeikam­eras aufgezeich­net worden. Auf den Bildern ist zu sehen, wie der Mann mit erhobenen Händen an seinem Auto lehnt – es sieht so aus, als kooperiere er mit den Beamten. Dann trifft ihn der Schuss einer Polizistin, er stürzt zu Boden, woraufhin ein weiterer Polizist eine Betäubungs­waffe abfeuert.

Die Polizistin gab an, sie habe sich von Crutcher bedroht gefühlt – obwohl dieser keine Waffe trug und sich auch in seinem Auto keine Waffe befand.

In den USA gibt es seit Monaten schwere Auseinande­rsetzungen wegen Polizeigew­alt. Mehrere Vorfälle, bei denen Polizisten unbewaffne­te Schwarze töteten, lösten landesweit­e Proteste aus. In diesem Jahr erschossen US-Polizisten nach Angaben der Washington Post bereits 706 Menschen, unter ihnen 163 Schwarze. (APA)

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Foto: Getty Images Soldaten der Nationalga­rde patrouilli­eren in Charlotte.

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