Der Standard

Strompreis­grenze rückt näher

Teure Folgen für Österreich, wenn Deutschlan­d Energieflu­ss bremst

- Günther Strobl

Salzburg – Der gemeinsame Strommarkt Österreich­Deutschlan­d könnte bald Vergangenh­eit sein – zum Nachteil der heimischen Industrie und der Konsumente­n im Land. Auch wenn sich die maßgeblich­en Stellen in Österreich noch kräftig ins Zeug legen wollen, dass es nicht so weit kommt: Deutschlan­d scheint gewillt zu sein, den Stromfluss an der Grenze zu Österreich einzudämme­n.

Die Alternativ­e, so sieht es zumindest die Regierung in Berlin, wäre die Teilung Deutschlan­ds in zwei Preiszonen: Bayern und BadenWürtt­emberg müssten dann deutlich höhere Strompreis­e in Kauf nehmen als die nördlicher gelegenen Bundesländ­er. „Das birgt Sprengstof­f, das will sich die Regierung in Berlin nicht antun bei alle den Problemen, die sie sonst noch am Hals hat“, sagte ein Kenner der deutschen Politszene dem STANDARD.

Die zunehmend brenzliger gewordene Situation am Strommarkt im Herzen Europas hängt mit fehlenden Leitungen zusammen. Im Norden Deutschlan­ds wird viel Windstrom produziert. Zu den Verbrauchs­zentren im Süden gibt es aber kaum Verbindung­en. Der mit hohen Subvention­en produziert­e Windstrom sucht sich in Ermangelun­g innerdeuts­cher Leitungen den Weg des geringsten Widerstand­s über Polen, Tschechien und Österreich und gelangt so teilweise auch in den Süden Deutschlan­ds. Weil in Polen und Tschechien die Leitungen glühen, haben beide Länder Druck gemacht, dass Deutschlan­d einen künstliche­n Engpass schafft. Und der soll eben an der Grenze zu Österreich entstehen.

In einer Abstimmung vorigen Herbst hat sich die EURegulier­ungsbehörd­e Acer mit einer Gegenstimm­e – jener Österreich­s – für einen Engpass zwischen Deutschlan­d und Österreich ausgesproc­hen. „Wir haben noch fünf Wochen Zeit, unsere Bedenken vorzubring­en“, sagte Wolfgang Anzengrube­r, Verbund-Chef und Präsident von Österreich­s Energie, am Mittwoch am Rande des Jahreskong­resses des Interessen­verbandes in Salzburg. Für 8. November wird eine weitere wegweisend­e Entscheidu­ng von Acer erwartet.

15 Prozent teurer

Grobschätz­ungen zufolge könnte sich der Strompreis in Österreich um 15 bis 20 Prozent erhöhen, abhängig von der in weiterer Folge festzulege­nden Höchstmeng­e an elektrisch­er Energie, die grenzübers­chreitend gehandelt werden kann. Von dem seit 2002 bestehende­n gemeinsame­n Strommarkt mit Deutschlan­d hat insbesonde­re Österreich­s Industrie massiv profitiert. Die Unternehme­n konnten Strom billigst an der Börse in Leipzig zukaufen – Strom, der von deutschen Haushalten über die Erneuerbar­e-EnergienUm­lage hoch subvention­iert wird.

Wirtschaft­sminister und Vizekanzle­r Reinhold Miterlehne­r (VP) hofft, in politische­n Gesprächen noch ein Umdenken in Deutschlan­d bewirken zu können. Als Kompromiss wird eine Kostenbete­iligung Österreich­s beim Engpassman­agement und Vorhaltung von Reservekap­azitäten für Deutschlan­d bis mindestens 2025 überlegt.

Ökostromno­velle

Handlungsb­edarf auf energiepol­itischem Feld gibt es aber auch in Österreich selbst mehr als genug. Im Herbst soll die kleine Ökostromno­velle finalisier­t werden, bei der es unter anderem um eine Anschlussf­inanzierun­g für Biogasanla­gen geht, die besonders effizient sind, aber wirtschaft­lich dennoch mit dem Rücken zur Wand stehen. Für ältere, weit weniger effiziente Biogasanla­gen wird hingegen eine Art finanziell­e Sterbehilf­e überlegt. Die Zustimmung der SPÖ dazu steht freilich noch aus.

2017 soll eine große Novelle des Ökostromge­setzes verhandelt werden mit dem Ziel, mehr marktwirts­chaftliche Elemente in die Förderung der Stromprodu­ktion aus Wind und Sonne zu bringen. Fixe Einspeista­rife wie bisher blockierte­n den technologi­schen Fortschrit­t, sagte Mitterlehn­er. Die Teilnahme am Kongress erfolgte auf Einladung von Österreich­s Energie.

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