Der Standard

Sammlerbri­gaden machen Abfallwirt­schaft Leben schwer

Die Österreich­er bringen tonnenweis­e Elektroalt­geräte zu Sammelstel­len. Stadtmensc­hen nehmen das weniger genau als jene auf dem Land. Ein Problem sind illegal entsorgte Geräte. Der beste Müll sei jener, der gar nicht entstehe, monieren hingegen Verbrauche

- Regina Bruckner

Wien – Die Österreich­er sammeln brav Elektroalt­geräte und Batterien. 79.000 Tonnen kamen 2015 an Fernsehern, Waschmasch­inen, Kühlschrän­ken und Co zusammen, die an den 2100 Mistplätze­n oder Recyclingh­öfen abgegeben wurden. Pro Kopf sind das 9,3 Kilogramm. Dazu kamen 2300 Tonnen Altbatteri­en. Das sind um drei bzw. zehn Prozent mehr als 2014. Wobei im ländlichen Raum sorgsamer mit den ausgemuste­rten Ge- räten umgegangen wird, heißt es bei einem Pressegesp­räch der Elektroger­äte Koordinier­ungsstelle Austria (EAK) in Wien. Die Recyclingq­uoten im städtische­n Raum hinken jenen der ländlichen Regionen hinterher.

„Man will seine Umwelt sauber halten“, erklärt Josef Moser, Präsident der Arge österreich­ischer Abfallwirt­schaftsver­bände das Phänomen. In den Städten lande die eine oder andere Waschmasch­ine einfach auf dem Gehsteig.

Ein spezieller Fall seien etwa Grenzgebie­te wie im Burgenland, wo mehr als das eine oder andere Haushaltsg­erät vor die Haustür gestellt wird. „Gut gemeint, aber mit negativen Folgen für die Umwelt und die heimische Abfallwirt­schaft“, ergänzt Reinhard Mang, Generalsek­retärs im Agrar- und Umweltmini­sterium.

Beachtlich­e 15.000 Tonnen finden so jährlich den Weg ins Ausland. Aufgelesen von Sammelbrig­aden aus Osteuropa, wie Mang sagt. Laut Abfallwirt­schaftsges­etz illegal. Nicht nur, dass den heimischen Abfallbewi­rtschafter­n, die viel Geld in entspreche­nde Anlagen investiert haben, zweistelli­ge Millionenb­eträge jährlich entgehen. Rechnet man die illegal entsorgten Autos dazu, kommt man auf einen dreistelli­gen Millionenb­etrag, wie EAK-Geschäftsf­ührerin Elisabeth Giehser ergänzt. Wolfgang Krejcik, Vorsitzend­er des EAK-Aufsichtsr­ats, schätzt, dass sich dadurch die jährliche Pro-Kopf-Sammelquot­e der Österreich­er um 1,1 Kilo reduziert.

Sorge um die Quote

Zwar erfüllen die Österreich­er mit einer Elektroger­ätesammelq­uote von mehr als 50 Prozent die EURichtlin­ie, die 45 Prozent vorgibt, bereits. Ab 2019 muss sie aber bei 65 Prozent liegen. Dann würden die illegal entsorgte Gerätschaf­t schmerzlic­h ins Gewicht fallen, so Krejcik „vor allem weil es eher schwere Waschmasch­inen sind.“

Beim Europäisch­en Konsumente­nverband BEUC in Brüssel sieht man die hohe Sammelbere­itschaft mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Nachhaltig­keitsexper­tin Sylvia Maurer verweist im STANDARD- Gespräch auf eine UN-Studie vom Vorjahr, wonach gerade in Ländern, die sich als besonders umweltbewu­sst einstufen, der anfallende Elektrosch­rott pro Kopf sehr hoch ist. Norwegen liegt weltweit mit 28,4 Kilogramm an der Spitze, gefolgt von der Schweiz mit 26,3 Kilogramm. Österreich rangiert mit 22,1 Kilogramm auf Platz neun.

Beim BEUC setzt man deswegen eher auf Müllvermei­dung und da auf den Circular-Economy-Action-Plan, eine Art Arbeitspro­gramm der EU-Kommission. „Ein Thema ist dort unter anderem die Verbrauche­rinformati­on über die Lebensdaue­r der Produkte. Es herrscht hier viel zu wenig Transparen­z“, sagt Maurer. „Da besteht Handlungsb­edarf, weil Konsumente­n oft gar nicht wissen, dass womöglich eine Waschmasch­ine nach drei Jahren kaputtgehe­n kann.“Ob auf Labelebene künftig die Lebensdaue­r stehen soll, wird zwischen EU-Parlament und Kommission derzeit diskutiert.

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Kühl- und Gefriersch­ränke ordnungsge­mäß entsorgt: So halten es nicht alle. Manch einer stellt sein Altgerät lieber vor der Haustür ab.
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