Der Standard

EU-Pakt betrifft in Österreich tausende Afghanen

Genaue Zahlen kennt man im Ministeriu­m aber nicht

- Irene Brickner

Wien – Wird das EU-Rückführun­gsabkommen mit Afghanista­n wirksam, wird das in Österreich die unfreiwill­ige Rückkehr tausender Menschen zur Folge haben. Grund dafür: Schon in den Jahren vor der großen Fluchtbewe­gung 2015 kamen viele afghanisch­e Asylsuchen­de nach Österreich, viele von ihnen wurden abschlägig beschieden. Seit vergangene­m Oktober führen Menschen aus Afghanista­n die hiesige Asylantrag­sstatistik an.

Doch wie viele Afghanen in Österreich leben, die abschiebba­r wären, wenn es für sie gültige afghanisch­e Rückreisep­apiere gäbe, ist dem für Asylsachen zuständige­n Innenminis­terium nicht bekannt. „Das ist statistisc­h so nicht erfasst“, antwortete ein Ministeriu­mssprecher auf die Frage.

Besagtes Informatio­nsdefizit betrifft nicht nur Staatsange­hörige des Landes am Hindukusch: Wie hoch die Zahl Drittstaat­sangehörig­er insgesamt ist, die aus Österreich abschiebba­r wären, aber mangels Bereitscha­ft der Herkunftss­taaten, sie wieder aufzunehme­n, nicht abgeschobe­n werden können, weiß in Österreich niemand.

Was Afghanen betrifft, dürfte diese Zahl jedoch beträchtli­ch sein. Die Fälle rechtskräf­tig ausgewiese­ner, aber nicht abschiebba­rer Personen summieren sich seit einigen Jahren. Allein heuer hatten bis inklusive August 9709 Afghanen (zum Vergleich: 6427 Syrer) in Österreich um Schutz ersucht. Vergangene­s Jahr, als mit 89.098 Menschen mehr Asylanträg­e als je zuvor gestellt wurden, waren darunter 25.475 Afghanen (zum Vergleich: 24.538 Syrer). In 1213 Fällen wurden Asylanträg­e von Afghanen heuer bis inklusive August rechtskräf­tig abgelehnt. Der in der Folge in jedem Fall geprüfte subsidiäre Schutz wurde in 100 Fällen abgelehnt, mit steigender Tendenz, wie Anny Knapp von der NGO Asylkoordi­nation Österreich erläutert. Humanitäre­s Bleiberech­t wurde 203 Afghanen verwehrt.

Wer weder Asyl, noch subsidiäre­n Schutz, noch humanitäre­n Aufenthalt zuerkannt bekommen hat, kann nur noch auf eine Duldung hoffen. Diese wird aber nur selten gewährt. Zwar tauchen viele Betroffene ab, so Knapp. Etliche jedoch bleiben in Österreich, wo sie als mittellose Fremde vielfach grundverso­rgt werden.

SCHWERPUNK­T Rückführun­g von Afghanen geplant

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