Der Standard

Eine Million für die Gegenwehr

Abgeordnet­engelder für streitbare Bürgerinit­iativen

- Conrad Seidl

Wien – Parteisteu­ern haben keinen besonders hohen Prestigewe­rt, sie gelten als eine Art Schutzgeld, das Abgeordnet­e ihrem Wahlverein zahlen müssen. Die Beiträge, die die Mitglieder des Parlaments­klubs der Grünen zahlen müssen, dienen aber anerkannte­rmaßen einem guten Zweck: Ein Teil des Geldes wird gleich an den Verein BIV (Grün-Alternativ­er Verein zur Unterstütz­ung von Bürgerinit­iativen) weitergele­itet – wobei Klubchefin Eva Glawischni­g im Gespräch mit dem Standard darauf verweist, dass die Zahlung im Parlaments­klub hohe Akzeptanz genießt: „Das ist ein unabhängig­er Verein, das ist etwas anderes, als wenn das in irgendeine Kasse fließt, aus der das in freiheitli­cher Manier freihändig vergeben wird.“

Im Lauf von 25 Jahren (gefeiert wird das Jubiläum am Freitag) sind genau 1.002.136,37 Euro an Beiträgen grüner Abgeordnet­er eingenomme­n worden, zudem 73.641 Euro an Erträgen – also etwa an Refundieru­ngen, wenn Rechtsstre­itigkeiten gewonnen wurden, die der BIV unterstütz­t hat. Denn das steht im Zentrum der Arbeit: Die Gelder sollen eingesetzt werden, um Bürger in grundsätzl­ichen Rechtsstre­itigkeiten zu unterstütz­en – zumeist geht es um Gegenwehr in Umweltverf­ahren.

„Als wir den Verein – nach einem Vorbild der Alternativ­en Liste Graz – gegründet haben, da gab es noch nicht einmal das Gesetz zur Umweltver- träglichke­itsprüfung“, erinnert sich BIV-Obfrau Marlies Meyer.

Dieses UVP-Gesetz wurde mehrfach novelliert – etwa, um NGOs Parteistel­lung zu geben. Viele Verbesseru­ngen im Umweltrech­t sind auf die konkreten Rechtsstre­itigkeiten zurückzufü­hren, in denen Bürgerinit­iativen mit Rechtsbeis­tand durch den Verein gewonnen haben.

„Die meisten Impulse im Umweltrech­t gehen von der Rechtsspre­chung, nicht zuletzt durch den EuGH aus – der Schwung, den es in den 1980er und 1990er Jahren gegeben hat, wo man ganze neue Rechtsbere­iche wie die Luftreinha­ltung geschaffen hat, ist weg. Heute schaut man eher, dass man das durchsetzt, was man hat“, sagt Meyer, die seit 1988 im Grünen Klub Juristin ist.

Während im Umweltrech­t immer noch um die Durchsetzu­ng bestehende­r Schutzprin­zipien gestritten werden muss, hat der Verein in anderen Rechtsbere­ichen umfassende Fortschrit­te erzwingen können. Glawischni­g: „Auch im Bereich der Gleichstel­lung ist fast alles über rechtliche Verfahren durchgeset­zt worden – auf die dann anschließe­nd der Gesetzgebe­r reagieren musste.“

Als Beispiel nennt die Grünen-Chefin den Zugang homosexuel­ler Paare zu einer standesamt­lichen Verpartner­ung. Wo es um Grundsatzf­ragen geht, werden auch die Verfahren von Einzelpers­onen mit Rechtshilf­e unterstütz­t – etwa das eines Tiroler Homosexuel­len, der wegen seiner HIV-Infektion diskrimini­ert worden ist.

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Foto: APA/Fohringer Grünen-Chefin Glawischni­g unterstütz­t Rechtsstre­it.

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