Der Standard

Arzt-Prozess gegen St. Pölten endet „unblutig“

Wiener Neustädter Neurochiru­rg soll wieder operieren – Vorwürfe nicht verhandelt

- Renate Graber

Wien – Im Saal 15 des Landesgeri­chts St. Pölten herrschte Anfang dieser Woche ein wenig Krankenhau­satmosphär­e. Es ging um OPProgramm­e und -Statistike­n, die Einteilung von Ärzten zu Operatione­n, Dienstanwe­isungen und Dienstzeit­en – konkret um jene in der Abteilung Neurochiru­rgie am Landesklin­ikum St. Pölten. Ein dort beschäftig­ter Neurochiru­rg hat, wie berichtet, seinen Arbeitgebe­r Land Niederöste­rreich geklagt, weil er seit langem nicht mehr regelmäßig zum Operieren eingeteilt werde und daher „seine Fertigkeit­en und Karrierech­ancen“verliere, wie er argumentie­rt.

Das Land beantragte die Abweisung der Klage, am Montag fand die zweite Verhandlun­g vor dem Arbeitsric­hter statt. Hintergrun­d der Sache: Zwischen Primar und einigen seiner Chirurgen herrscht dicke Luft. Mitte 2015 beschwerte­n sich der Kläger (seit 2013 Mittelbauv­ertreter) und drei Kollegen bei Vorgesetzt­en über diverse Schwierigk­eiten – zu denen sie „Strukturmä­ngel“und die „Bevorzugun­g von Patienten der eigenen Privatordi­nation“des Primars im Spital zählten wie das Faktum, dass der Primar seine Lebensgefä­hrtin zu seiner Stellvertr­eterin gemacht hatte. Der Anwalt des Abteilungs­chefs, Dieter Böhmdorfer, wies diese Vorwürfe schon im Sommer strikt zurück. Sein Mandant leite die Abteilung nach bestem Wissen und Gewissen, sagte er, wie berichtet, zum STANDARD.

Letztlich prüfte die Innenrevis­ion der Landesklin­ikenholdin­g die Abteilung, stellte „angeblich erhebliche Missstände“fest, wie der Anwalt des Klägers, Johannes Öhlböck, meinte. Die Ärztin ist inzwischen jedenfalls nicht mehr Chef-Stellvertr­eterin, der Revisionsb­ericht bleibt geheim.

Am Montag nahm auch der Primar an der Verhandlun­g teil – er hat sich dem Verfahren als Nebeninter­venient aufseiten des von Anwalt Thomas Reisch vertretene­n Landes angeschlos­sen. Der Primar stellte es als Problem dar, dass der Kläger (derzeit in Elternteil­zeit) nur an Dienstagen und Donnerstag­en arbeitet, das erschwere Aufklärung und Nachbetreu­ung der OP-Patienten. Ein Einwand, den der Kläger bestritt, es sei oft so, dass andere Ärzte als die ope- rierenden diese Aufgaben übernähmen.

Zur weiteren Erläuterun­g der in den Schriftsät­zen ausgeführt­en Vorwürfe des Klägers und der Darstellun­gen des Primars kam es in der – wohlgemerk­t: öffentlich­en – Verhandlun­g dann nicht mehr. Anwälte, Kläger und Primar bemühten sich, die Sache „unblutig zu beenden“, wie es der Richter zuvor eingemahnt hatte. Der Plan: Der Neurochiru­rg soll künftig an drei aufeinande­rfolgenden Tagen pro Woche arbeiten und zu mindestens sechs OPs im Monat eingeteilt werden. Klappt das, wird das Verfahren ruhend gestellt.

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