Cyberangriff lähmte das Internet
Datenflut überforderte Server von Infrastrukturbetreiber
Manchester/USA – Das Unternehmen Dyn DNS gehört zu den wichtigsten Betreibern für Internetinfrastruktur. Die Firma hilft großen Webplattformen bei der Optimierung ihrer Netzwerke und bietet darüber hinaus auch die Registrierung von Webadressen und EMail-Services an. Am Wochenende gerieten die Server von Dyn unter Datenbeschuss von noch nie gesehenem Ausmaß. Die Folge: Trotz Gegenmaßnahmen waren zahlreiche große Webseiten, darunter das Social Network Twitter, Onlinehändler Amazon und der Musikstreamingdienst Spotify für viele Nutzer nicht mehr erreichbar. Insbesondere Internetuser in den USA hatten mit den Ausfällen zu kämpfen.
Die Datenflut ist mittlerweile abgeebbt, langsam beginnt die Aufarbeitung. Unklar ist, wer für die massive Cyberattacke verantwortlich ist. Sicherheitsforscher Brian Krebs berichtet von Erpressungsversuchen gegen zahlreiche Webseiten in den vergangenen Tagen. Die Whistleblowingplattform Wikileaks wiederum vermutet eine konzertierte Vergeltungsaktion, nachdem ihrem Gründer Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London der Internetzugang gekappt wurde. Beweise dafür gibt es nicht. Ohnehin ist der Urheber eines solchen Angriffs, der über zahlreiche Geräte auf der ganzen Welt parallel ausgeführt wird, extrem schwer zu bestimmen. In ersten Wortmeldungen erkennen Experten keine Handschrift eines staatlich gelenkten Akteurs.
Der Angriff lässt jedenfalls die Alarmglocken schrillen. Denn ein Teil des Datenbombardements wurde laut ersten Auswertungen über vernetzte Heimgeräte verschickt, darunter etwa Überwachungskameras. Diese wurden mithilfe von Schadsoftware übernommen und als Cyberwaffe missbraucht. Immer wieder sind diese wegen Sicherheitslücken in den Schlagzeilen. Oft liefern Hersteller diese mit unsicherer Konfiguration aus oder sind nachlässig bei der Behebung von Sicherheitslücken. Auch die Konsumenten selbst verzichten oft darauf, Softwareupdates für ihre vernetzten Gadgets einzuspielen.
Internet der unsicheren Dinge
Damit droht in Zukunft ein potenziell riesiges Sicherheitsproblem. Schon heute gibt es laut Netzwerkspezialist Cisco 15 Milliarden vernetzter Geräte, bis 2020 sollen es schon 50 Milliarden sein – Chiphersteller Intel rechnet gar mit 200 Milliarden. Sicherheitsforscher Jeff Jarmoc fasste die Situation per Twitter-Nachricht mit einer Portion Galgenhumor zusammen. „In einer relativ kurzen Zeit“, so sein Fazit, „haben wir es geschafft, dass ein System, das Atomschläge überlebt, nun anfällig für Toaster ist.“(gpi)