Arbeit mit Sinn steht hoch im Kurs – für die NGO-Branche sind das gute Nachrichten. Trotz geringer Bezahlung ist der Sektor vor allem bei Absolventen beliebt. Das Recruiting bleibt eine spezielle Herausforderung.
Wien – Wer bei Ärzte ohne Grenzen nur an die Helferinnen und Helfer im weißen Kittel denkt, liegt falsch. Architekten, Bauingenieure, Elektriker, Handwerker und Mechaniker, Logistiker und Hygienespezialisten werden laufend gesucht. „Damit medizinische Teams Leben retten können, muss eine Vielzahl an technischen und logistischen Herausforderungen bewältigt werden“, erklärt Isabelle Weisswasser. Sie ist bei Ärzte ohne Grenzen in Österreich für das Recruiting zuständig. „Das Team für Technik und Logistik ist bei unseren globalen Einsätzen oft gleich groß wie das der Pflegefachkräfte und Ärzte.“Aktuell sind etwa 40 Prozent der vom Wiener Büro eingesetzten Mitarbeiter aus dem nichtmedizinischen Bereich.
Hier neue Mitarbeiter zu finden sei schon immer eine Herausforderung gewesen, in den letzten Monaten wurde es noch schwieriger, sagt Weisswasser. Woran das genau liege, sei natürlich schwer zu sagen, allerdings würden die Anforderungen immer spezifischer werden: „Sowohl sprachlich als auch technisch sind die Voraussetzungen spezialisiert. Interessenten müssen einiges mitbringen.“Die anderen Bedingungen – etwa die gefährlichen Einsatzgebiete oder die Bezahlung – hätten sich im Vergleich zu früher ja nicht geändert. Die Organisation rührt deswegen die Werbetrommel mit einer neuen Kampagne. Aktiv in Betriebe könne man natürlich nicht gehen, um Leute abzuwerben. Das Team um Weisswasser setzt deswegen auch auf Mundpropaganda von ehemaligen Helfern. „Ihre Geschichten sorgen oft für ein Aha-Erlebnis bei Zuhörern.“
Das Beispiel von Ärzte ohne Grenzen ist nur eines, das veranschaulicht, zu welcher Herausforderung Recruiting für Non-Profits häufig wird. Fehlt das Geld für Kampagnen und Stellenanzeigen, bleibt es oft bei der angesprochenen Mundpropaganda.
Verbessert hat sich die Situation mit einem neuen Player: der Job-Plattform NGOJobs. Ferdinand Lischka, der die Website 2012 startete, war die Insidervergabe ein Dorn im Auge, er war selbst auf Jobsuche in diesem Bereich und wurde aktiv: Auf der durch Spenden betriebenen Plattform können Organisationen günstig ihre Stelleninserate schalten. „Wir sind mittlerweile zu einer Art Marke geworden. Studierende kennen uns, und das Interesse ist wirklich groß“, sagt Lischka. Noch kann er die Website nicht hauptberuflich betreuen, obwohl das Team mittlerweile auf fünf Leute, die via Home-Office arbeiten, angewachsen ist. Der Jurist arbeitet bei der Diakonie in der Rechtsbetreuung von Flüchtlingen und möchte die Plattform in Zukunft auf die Bundesländer ausweiten. „Momentan sind wir noch zu Wien-lastig.“Auch in Deutschland will er aktiv werden. Dass Arbeit mit Sinn und Impact bei vielen jungen Menschen hoch im Kurs stehe, könne man durchaus sagen, meint Lischka. Natürlich habe jeder andere Prioritäten im Leben, aber das große Interesse für die Plattform rühre nicht von irgendwoher.
Dass dieses Bedürfnis der Jungen von den Organisationen auch verstärkt angesprochen wird, zeigen die Stellenausschreibungen selbst. Gesucht werden dann eben „Weltverbesserer“, etwa bei SOSKinderdorf. Dort wird demnächst eine gemeinnützige GmbH gegründet, in der sich Kinder und Jugendliche aktiv für ihre Rechte und Bedürfnisse einsetzen können. Wie diese „Junge Marke“letzten Endes dann genau aussieht, wird durch die zwei Geschäftsführer, oder eben Weltverbesserer, bestimmt, die aktuell gesucht werden. „Wir suchen junge Menschen, die etwas bewegen wollen und mit ihren Ideen die Welt für Kinder und Jugendliche verbessern möchten“, sagt Eva Gamsjäger von SOS-Kinderdorf. Den beiden wird dafür ein monatliches Gehalt zur Verfügung gestellt und ein Platz in einem Co-WorkingSpace, alles andere nehmen die Jungen in die Hand. Eine Person soll den Auftritt nach außen und das sogenannte Storytelling übernehmen, die andere ist für das Controlling zuständig. Man könnte die beiden Personen also auch Geschäftsführer nennen, die ein Start-up etablieren. Für das Recruiting gelten aber keine strikten Regeln à la Abschluss in BWL oder Berufserfahrung in der Jugendarbeit. Gesucht wird nach engagierten Jungen, die anpacken wollen und viele Ideen haben. Und eben den Willen, „die Welt zu verbessern“. pwww. aerzte-ohne-grenzen.at/mitarbeiten www.sos-kinderdorf.at/jungemarke Info-Abend am 8. 11.