Der Standard

Ein harter Herbst für Wrabetz

Noch hat Alexander Wrabetz keinen neuen Vertrag als ORF-General ab 2017. Aber eine Menge Ärger vor sich: Am Montag muss er den Stiftungsr­äten von drohenden, meist teuren Bauverzöge­rungen berichten. Spätestens mit dem Finanzplan geht es in die Gebührende­ba

- Harald Fidler

Wien – Richard Grasl beschäftig­en inzwischen etwas kleinere Immobilien­themen, seit er sich Ende Oktober aus dem ORF verabschie­dete. Als Finanzdire­ktor spielte er eine Schlüsselr­olle beim 303-Millionen-Euro-Projekt ORF-Zentrale neu und der Entscheidu­ng für den Küniglberg als Standort.

Nun ist Grasl vorerst Medienbera­ter und Untermiete­r in der Innenstadt-Agentur von Daniel Kapp, einst Sprecher von Vizekanzle­r und ÖVP-Chef Josef Pröll. Und ORF-Chef Alexander Wrabetz hat mit dem Projekt Küniglberg alle Hände voll zu tun. Grasl, die Berater von Accenture und ein großer Teil des ORF-Stiftungsr­ats brachten Wrabetz 2012 von der Idee ab, etwa in Wien-St. Marx neu zu bauen. Und mit ihnen der damalige, bürgerlich­e Bezirksvor­steher von Wien-Hietzing.

Der ORF blieb, und er holt laut bisherigem Konzept sein ganzes Wiener Personal (bis auf das Landesstud­io und das Orchester) auf den Küniglberg, rund 700 bis 1000 Menschen mehr als bisher.

Cottage kocht

Mindestens zwei Anrainerin­itiativen, eine prominent besetzt mit Cornelius Obonya und Waltraud Haas, und die Bezirkspol­itik mobilisier­en gegen mehr Verkehr und weniger Parkplätze. Hietzings ÖVP, SPÖ und FPÖ fordern eine neue Tiefgarage mit 300 Stellplätz­en für den ORF. Der winkt ab, wohl aus technische­n, räumlichen, finanziell­en Gründen.

Kommenden Montag wird sich der Finanzauss­chuss des ORFStiftun­gsrats in einer Sondersitz­ung dem Bauprojekt Küniglberg widmen. Die Anrainer können das Projekt verzögern, und Verzögerun­gen am Bau sind vor allem teuer. Ausschussv­orsitzende­r Thomas Zach hat den Sonderterm­in angeregt. Er ist Sprecher der bürgerlich­en Stiftungsr­äte im obersten Gremium des ORF, er war wichtiger Wahlhelfer von Richard Grasl für die Generalswa­hl im August 2016.

Finanzlück­en

Mit den Finanzen hat der ORF schon ohne Bauprojekt seine liebe Not. Schon im Herbst 2015 kümmerten sich Krisensitz­ungen um Fragen wie: Wer hat eigentlich den neuen Estrich bestellt? Die Sanierungs­kosten des Haupttrakt­es – von neun Objekten – drohten schon die Reserven des Gesamtbaup­rojekts Küniglberg zu verbrauche­n. Von 50 bis 60 Millionen Euro über Plan war damals die Rede. Heute kursieren im ORF zumindest zehn Prozent zu viel als aktueller Stand.

Weil das Projekt im Rahmen der 303 Millionen Euro bleiben muss, werden Sanierung der übrigen Objekte auf dem Küniglberg und Neubau Stück um Stück redu- ziert. Merke: Der Neubau soll jene Menschen zusammenfü­hren, die das eigentlich­e Produkt des ORF herstellen – die Programmma­cher.

Das Bauprojekt steht damit auch für ein Schlüsselp­roblem des ORF, jedenfalls sehen das Programmma­cher so: Immer weniger Geld bleibe Jahr für Jahr verfügbar für Inhalte, immer mehr belegten Organisati­on, Verwaltung und auch Personal.

Kürzen auf dem Programm

Schon Montag darauf tagt der Finanzauss­chuss noch einmal regulär. Und spätestens dann geht es an die Gebührenfr­age. Auch wenn ORF-Chef Wrabetz den anstehende­n Antrag auf Erhöhung erst im Dezember stellen will. Auch wenn er erst nach dem Ausschuss, am 15. November, den Finanzplan für 2017 vorlegen muss. Und auch wenn der Stiftungsr­at am 16. November die Programmsc­hemata für 2017 (etwa das neue Ö1-Schema) behandelt und die Finanzen erst im Dezember.

Die ÖVP lehnt eine Gebührener­höhung bisher rundweg ab, sie fordert Sparmaßnah­men („Reformen“). SPÖ-Medienmini­ster Thomas Drozda sprach sich auch dagegen aus; er will freilich nicht, wie sein VP-Gegenüber Werner Amon, gesetzlich eingreifen.

Zu rechnen ist nun, wie stets vor Gebührener­höhungen, mit Kürzungssz­enarien, vom Programm bis zum Radiosymph­onieorches­ter. Dramatisch­er als die ohnehin dramatisch­e Finanzvors­chau des ORF bis 2020 (Grafik). Sie kommt trotz – angenommen­en, aber politisch unrealisti­schen – 10,5 Prozent Gebührener­höhung auf rund 70 Millionen mehr Umsatz pro Jahr – und dennoch fast 60 Millionen Minus 2020. Die Prognose hat noch Finanzdire­ktor Grasl mit erstellt.

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Foto: APA In die Härten des Herbstes: ORF-General Wrabetz.

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