Zwischen Bestürzung und Begeisterung
In Europas Regierungen überwog am Mittwoch nach der Wahl Donald Trumps die Ratlosigkeit. Die EU will einen Gipfel mit dem Präsidenten, Berlin mahnte zu Demokratie und Respekt. In Paris freute sich Marine Le Pen über den Sieg.
Zumeist schockiert, oft kühl, und jubelnd nur aus dem rechten Lager hat Europa am Mittwoch auf den Wahlsieg Donald Trumps in den USA reagiert.
Europäische Union / Nato Die drei Q Spitzen der wichtigsten EU-Institutionen wie auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonten in ihren Glückwunschschreiben an Donald Trump die Wichtigkeit der transatlantischen Beziehungen. Eine starke Nato sei gut für die USA und gut für Europa, sagte Stoltenberg in Brüssel, wo der nächste Gipfel der Allianz mit dem neuen US-Präsidenten stattfinden wird. Kommissionspräsi- dent Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk stellten auch den Willen der Union zur wechselseitigen Kooperation in den Vordergrund. Diese sei vor dem Hintergrund nie dagewesener Herausforderungen – IS, Migration, Klimawandel, Ukraine – wichtiger denn je. Sie luden Trump zu einem EU-USA-Gipfel, „sobald es Ihnen möglich ist“. Sonntagabend werden sich die EU-Außenminister zu einem Sondertreffen in Luxemburg versammeln. Parlamentspräsident Martin Schulz gratulierte Trump zum „unzweideutigen Sieg, der respektiert werden muss“.
Weniger kühl fielen die Reaktionen jenseits der offiziellen Depeschen aus. Rechtspopulisten quer durch die EU-Staaten bejubelten den Triumph von Trump, etwa aus der Fraktion von Marine Le Pen, dem Front National, der FPÖ, der AfD und des Niederländers Geert Wilders. Aus den übrigen Fraktionen zeigten sich Abgeordnete bestürzt, fanden das Ergebnis der US-Wahl „unfassbar“.
Deutschland In Berlin gratulierte Q Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kühl und geschäftsmäßig – und richtete sofort eine Mahnung gen Washington, indem sie auf die gemeinsame Wertebasis verwies: „Demokratie, Freiheit, Respekt vor dem Recht und der Würde des Menschen.“Auf dieser Basis biete sie Trump „eine enge Zusammenarbeit an“. Wie ein erstes Zusammentreffen in Berlin aussehen könnte, mag man sich dort aber noch nicht vorstellen.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte: „Ich will nichts schönreden. Nichts wird einfacher, vieles wird schwieriger werden.“SPD-Chef Sigmar Gabriel appellierte, „Trump ab sofort nach seinen Taten und nicht nach seinen Sprüchen“zu bewerten. Zufrieden zeigte sich hingegen AfD-Chefin Frauke Petry: „Dieses Wahlergebnis macht Mut für Deutschland und Europa, denn Trump hat tatsächlich die Karten zur politischen Zeitenwende in der Hand.“
Frankreich In Paris gratulierte Q Präsident François Hollande Trump so, „wie es unter demokratischen Staatschefs normal“sei. Mit steinerner Miene, als gäbe er einen Terroranschlag bekannt, sagte er allerdings eine „Periode der Unsicherheit“voraus. FrontNational-Chefin Marine Le Pen feierte Trump und das „freie amerikanische Volk“. Ihr Vater JeanMarie Le Pen twitterte: „Heute die USA, morgen Frankreich.“
Auch Nicolas Sarkozy, konservativer Expräsident, suchte den innenpolitischen Nutzen: Das „Volk“habe gegen die „Einheitsmeinung“gesiegt, nun müssten Konsequenzen gezogen werden.
Großbritannien Die britische PreQ mierministerin Theresa May gratulierte artig und verwies auf die in London stets gern beschworene „spezielle Beziehung“zur einstigen Kolonie. „Wir sind enge Partner in Handel, Sicherheit und Verteidigung.“Dabei solle es bleiben.
Labour-Oppositionsführer Jeremy Corbyn gab sich schockiert über die Rhetorik. Die US-Wähler hätten „einen falschen ökonomischen Konsens und die dafür verantwortliche globale Elite“abgelehnt, doch auch Trumps Antworten seien „eindeutig falsch“.
Ukip-Chef Nigel Farage pries hingegen die „tapfere“Kampagne des „Freundes Großbritanniens“.
Ungarn, Tschechien und Polen Als Q einer der Ersten hatte am Morgen Ungarns Premier Viktor Orbán Trump gratuliert. „Was für großartige Neuigkeiten. Die Demokratie lebt noch“, schrieb er auf Facebook.
Die Kanzlei von Tschechiens Präsident Miloš Zeman stieß ins selbe Horn: „Die Amerikaner haben gezeigt, dass man das Machtkonglomerat aus verlogenen Medien und schwülstigen Pseudoeliten besiegen kann.“
Polens Staatschef Andrzej Duda gratulierte Trump ebenfalls und verwies auf die traditionelle Partnerschaft zwischen beiden Ländern. Mit Blick auf die Sicherheitspolitik und prorussische Aussagen Trumps hatte in Polen Clinton als Wunschkandidatin gegolten.