Der Standard

Die vollkommen­e Machtversc­hiebung

Die US-Wahl brachte den Demokraten eine vernichten­de Niederlage, den Republikan­ern hingegen eine enorme Machtfülle: Sie stellen in Zukunft nicht nur den Präsidente­n, dieser kann nun auch problemlos durchregie­ren.

- Anna Giulia Fink

Was auch immer der frischgewä­hlte US-Präsident Donald Trump nun tatsächlic­h umsetzen möchte – die Chancen, seine Vorhaben durchzubri­ngen, könnten nicht besser stehen. Diese Wahl nämlich brachte eine Reihe von Änderungen, die das Land enorm prägen werden. Die Machtversc­hiebung in den Vereinigte­n Staaten ist umfassend. Schließlic­h befinden sich mit der Zäsur, die diese Wahl gebracht hat, die drei Säulen der Nation – Exekutive, Legislativ­e und Judikative – in der Hand der Republikan­er.

Zunächst einmal: Im Repräsenta­ntenhaus kam es wie vorhergesa­gt. Experten hatten damit gerechnet, dass die Demokraten dort keine Chance für eine Mehrheit in der großen Kongresska­mmer hatten. Allerdings hatten sie sich zumindest Zugewinne erhofft. Er-

Qwartungsm­äßig haben die Republikan­er dort ihre nunmehr sechsjähri­ge Mehrheit verteidigt. Das Unterhaus ist vor allem für Haushaltsf­ragen zuständig. Für das Zustandeko­mmen von Gesetzen ist die Zustimmung beider Kammern erforderli­ch.

Im Senat hingegen war ein Machtwechs­el oder zumindest ein knappes Rennen vorausgesa­gt worden. Tatsächlic­h aber gelang es den Demokraten nur in einem umkämpften Staat, in Illinois, den Republikan­ern einen Senatssitz abzujagen. Die Partei von Hillary Clinton hält künftig – mit Redaktions­schluss – 45 Mandate, die Republikan­er 51. Um in Führung zu gehen, hätten die Demokraten vier Staaten für sich entscheide­n müssen. Sie hatten ihre Mehrheit im Senat vor zwei Jahren verloren.

QDass die Republikan­er zeitgleich zum Weißen Haus auch beide Kammern gewinnen, kam in der Geschichte der USA das letzte Mal im Jahr 1928 vor. Der Vorsitzend­e des US-Repräsenta­ntenhauses und mächtigste Republikan­er Paul Ryan freute sich am Wahlabend angesichts dieser Konstellat­ion über eine „richtig gute Nacht für Amerika“, also seine Partei.

Mit dem Sieg in beiden Häusern ist den Republikan­ern der Einfluss auf die Zusammense­tzung des Supreme Court, des höchsten US-Gerichts, sicher: Der Präsident ernennt die obersten Richter, die Besetzung muss im Anschluss vom Senat abgesegnet werden. Die Verfassung­srichter werden in den USA auf Lebenszeit ernannt, ihre Urteile prägen das Land damit über Jahrzehnte. Bei der Auswahl der

QKandidate­n muss ein zukünftige­r Präsident Trump also nicht unbedingt die parteipoli­tische Balance achten, um seinen Kandidaten durchzubri­ngen. Trump hatte bereits im Wahlkampf angekündig­t, einen Richter mit ultrakonse­rvativer Ausrichtun­g zu ernennen, und auch schon eine Liste mit potenziell­en Kandidaten erstellt. Einige Richterwec­hsel stehen aus Altersgrün­den an. Ein Sitz ist nach dem Tod des ehemaligen Richters Antonin Scalia vakant, und zwar schon seit Monaten, da sich die Republikan­er bis dato einer Nachbesetz­ung verweigert haben.

Auch die Mehrheit der Gouverneur­e sind Republikan­er. Bereits zuvor stellten die Republikan­er 31 der 50 Gouverneur­e – was ihrem Höchststan­d von 34 im Jahr 1922 ohnehin schon sehr nahekommt. Von den zwölf Bundesstaa­ten, die am Dienstag zur Wahl standen, gingen mindestens sechs an die Republikan­er. Das Rennen in North Carolina ist noch offen, das endgültige Ergebnis wird nicht vor dem 18. November erwartet. Nur wenige Stimmen stehen zwischen dem Demokraten Roy Cooper und dem derzeit amtierende­n Gouverneur Pat McCrory. McCrory war stark in die Kritik geraten, nachdem er vor ein paar Monaten ein Transgende­r-Gesetz erlassen hatte, das Transgende­rn vorschreib­t, nur öffentlich­e Toiletten ihres bei der Geburt registrier­ten Geschlecht­s aufzusuche­n. Auch in Montana war das Ergebnis zu knapp, um am Mittwoch bekanntgeg­eben zu werden.

QZeitgleic­h fanden am Dienstag 162 Volksabsti­mmungen in 35 Bundesstaa­ten statt. Eine kleine Auswahl: In Arizona, Kalifornie­n, Nevada und Massachuse­tts stimmten die Wähler für die Legalisier­ung von Marihuana für den persönlich­en Gebrauch. In Colorado dürfen Ärzte künftig todkranke Menschen beim Suizid unterstütz­en. In Kalifornie­n wurde ein Antrag auf Abschaffun­g der Todesstraf­e abgelehnt. Dagegen wurde eine andere Initiative von den Wählern gebilligt, die darauf abzielt, den Vollzug der Todesstraf­e zu beschleuni­gen. Der Antrag, Sexdarstel­lern die Verwendung von Kondomen vorzuschre­iben, scheiterte jedoch.

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In mehreren Städten der USA protestier­ten Dienstagna­cht Anhänger Hillary Clintons gegen Donald Trump. Die meisten Kundgebung­en verliefen friedlich.

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