Schlafverbot für Obdachlose in Innsbruck
Der Stadtsenat hat am Mittwoch ein Nächtigungsverbot für Obdachlose in weiten Teilen der Innsbrucker Innenstadt beschlossen. Nur die Grünen stimmten dagegen. Verstöße werden mit bis zu 2000 Euro Strafe geahndet. Das Verbot soll Obdachlose schützen.
Innsbruck – Am Mittwoch haben die Bürgermeisterinnen-Liste Für Innsbruck und die ÖVP im Stadtsenat eine ortspolizeiliche Verordnung verabschiedet, die es Obdachlosen bei Strafe verbietet, in der Innenstadt im Freien zu nächtigen. Die SPÖ enthielt sich der Stimme, nur die Grünen waren dagegen. Die Verordnung diene dem Schutz der Obdachlosen vor Übergriffen und dem Erfrieren.
Die Idee zum Schlafverbot kommt von Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer. In den vergangenen Monaten hat die Zahl der Obdachlosen, die in Geschäftsoder Hauseingängen in der Altstadt nächtigen, merklich zugenommen – sehr zum Ärger einiger Anrainer und vor allem Geschäftstreibender, sagt Oppitz-Plörer. Die Stadt versuchte die unliebsamen Gäste zu vertreiben, indem abends die Schlafplätze mit Wasser bespritzt wurden, um sie so unbrauchbar zu machen. Weil das nicht fruchtete, soll nun ein generelles Schlafverbot für Ordnung sorgen. Die bis zu 2000 Euro Strafe bei Zuwiderhandeln seien nö- tig, „um Druck dahinterzubringen“, sagt die Bürgermeisterin.
Die Grünen und Sozialvereine sind empört über die Verordnung. „Das kommt einem Verbot von Obdachlosigkeit gleich“, sagt die grüne Gemeinderätin Kathrin Heis. Michael Hennermann vom Verein für Obdachlose fordert von der Stadt Angebote statt Verboten: „Eine Verordnung zu erlassen, die das Nächtigen im öffentlichen Raum unter Strafe stellt, führt zu keiner Behebung einer Notlage, im Gegenteil verschärft sie die ohnehin dramatische Situation.“
„Menschenunwürdig“
Noch drastischere Worte findet die Tiroler Bettellobby: „Es ist alarmierend, dass im 21. Jahrhundert menschenentwürdigende Maßnahmen wiedereingeführt werden sollen, die an faschistische Methoden vergangener Zeiten erinnern.“Der Tiroler CaritasDirektor Georg Schärmer „begrüßt“hingegen alles, was dazu beiträgt, dass Menschen nicht im Freien nächtigen müssen. Sofern genug Notschlafplätze zur Verfügung stehen, sei der Schritt nachvollziehbar. Die Strafe hält Schär- mer jedoch für „politische Rhetorik“, die nichts bringe.
Nächsten Donnerstag wird das Schlafverbot im Gemeinderat behandelt. Die SPÖ kündigte an, Montag noch intern zu beraten, ob man dafür stimme. Der rote Sozialstadtrat Ernst Pechlaner war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. In einer Aussendung macht er jedoch die Grünen in der Landesregierung für zu wenige Notschlafplätze verantwortlich. Er nennt vier Bedingungen, darunter etwa eine ganzjährige Not- schlafstelle, um der Verordnung zuzustimmen.
Derzeit gibt es in Innsbruck eine Winternotschlafstelle mit 35 Plätzen. Das Land Tirol richtet bis Mitte November im Stadtteil Arzl eine weitere mit 40 Plätzen in einem ehemaligen Asylquartier ein, von der die Anrainer aber bisher nichts wissen, was zu Verzögerungen führen könnte. Streetworker zählten im Sommer 294 Wohnungslose und 223 „in prekärsten Wohnverhältnissen“. pderStandard. at/Panorama