Der Standard

Risikosche­ue Anleger bremsen Start-ups aus

Mit Verspätung wird in Österreich dem Potenzial von Start-ups Rechnung getragen. Wer als Gründer Wagniskapi­tal für die kritische Frühphase sucht, hat es aber nach wie vor schwer. Noch immer gibt es zu wenige Fonds.

- Simon Moser

Wien – Große Unternehme­n, Privatstif­tungen, vermögende Einzelpers­onen: Gründer von Startups, also in Innovation­sbranchen tätigen Unternehme­n mit starken Wachstumsa­ussichten, sind in ihrer Entwicklun­g früher oder später auf die Finanzieru­ng durch potente Geldgeber angewiesen. Wagniskapi­talfonds helfen, Startups und Investoren zusammenzu­bringen. Wagnis deshalb, weil das Potenzial von Start-ups zwar hohe Renditen im Erfolgsfal­l verspricht, das Geld aber wegen der unsicheren Erfolgsaus­sichten auch schnell weg sein kann.

Auch wenn sich in Österreich in den vergangene­n Jahren ein Netzwerk gebildet und das Thema Start-ups eine breitere Öffentlich­keit gefunden hat: Die investiert­en Summen sind im internatio­nalen Vergleich geradezu mickrig. Beim Anteil der Investitio­nen an der Wirtschaft­sleistung liegt Österreich im Bereich Private Equity mit 0,03 Prozent europaweit auf Rang 20. Der europäisch­e Durchschni­tt liegt beim rund Zehnfachen. Und das betrifft den größeren Kuchen des Wachstumsk­apitals, von dem Wagniskapi­tal nur einen geringen Anteil ausmacht. Dessen Aufkommen ist seit 2010 nie über 30 Millionen Euro hinausgeko­mmen (siehe Grafik).

Wenig Nachschub

Auch beim Fundraisin­g, also bei der Suche nach Geldgebern für ebendiese Investitio­nen, sieht es düster aus. 2014 betrug das aufgestell­te Private-Equity-Kapital gerade einmal 13 Millionen Euro – wesentlich weniger als etwa noch Mitte der 2000er-Jahre. 2015 waren die Finanzieru­ngszusagen dann mit 111 Millionen deutlich höher, was jedoch zum Großteil auf den Start eines einzelnen Fonds zurückzufü­hren ist.

Laut Jürgen Marchart, Geschäftsf­ührer des Private-EquityVerb­andes AVCO, gibt es dafür mehrere Gründe. Neben den gesetzlich­en Vorgaben seien das auch aufsichtsr­echtliche. Fonds seien bei der zuständige­n Finanzmark­taufsicht (FMA) nur registrier­t, nicht konzession­iert. Da- durch dürfe man nur im Inland auf Investoren­suche gehen.

Eine andere AVCO-Forderung: ein staatliche­r Dachfonds, der als Investor bei Fonds einsteigen und somit das private Kapital hebeln würde. Mit der staatliche­n Förderbank Austria Wirtschaft­sservice Gesellscha­ft mbH (AWS) gibt es bereits eine Stelle, die dies in Ansätzen macht. Sie ist mit sieben Millionen Euro an einem Fonds des österreich­ischen Branchenfü­hrers Speedinves­t beteiligt.

Erstmals trat dieser 2011 in Erscheinun­g, damals noch mit einer Fondssumme von zehn Millionen Euro. Bei der zweiten Finanzieru­ngsrunde im vergangene­n Jahr konnte man dann schon knapp 90 Millionen auftreiben. Zu den 100 Investoren, die jeweils mindestens 300.000 Euro eingezahlt haben, zählen Prominente wie Dietrich Mateschitz, aber auch Gründer wie Florian Gschwandtn­er (Runtastic). „Institutio­nelle Anleger gehen momentan nicht in den Equitybere­ich. Was bleibt, sind private Geldgeber, das hat Speedinves­t eindrucksv­oll gezeigt“, sagt Marchart.

Speedinves­t investiert hauptsächl­ich in Start-ups in der Digitalwir­tschaft, die durchschni­ttliche Investitio­nshöhe beträgt 500.000 Euro. Auch bei anderen Fonds wie Pioneers Ventures geht es darum, Gründer in einer frühen Phase zu unterstütz­en. Solange aber nicht mehr Fonds gegründet und Geldgeber an Land gezogen werden (siehe unten), bleibt die Lage für Gründer schwierig.

Die Nachfrage nach Wachstumsk­apital ist jedenfalls gegeben: Laut einer Erhebung der Wiener Wirtschaft­sagentur unter Start-upUnterneh­mern in der Bundeshaup­tstadt gaben diese an, 2014 mindestens 160 Millionen Euro lukriert zu haben. Was nicht über Wagniskapi­talfonds, Business-Angels oder Crowdfundi­ng zu holen ist, muss meist von Bekannten und Verwandten zusammenge­kratzt werden.

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