Risikoscheue Anleger bremsen Start-ups aus
Mit Verspätung wird in Österreich dem Potenzial von Start-ups Rechnung getragen. Wer als Gründer Wagniskapital für die kritische Frühphase sucht, hat es aber nach wie vor schwer. Noch immer gibt es zu wenige Fonds.
Wien – Große Unternehmen, Privatstiftungen, vermögende Einzelpersonen: Gründer von Startups, also in Innovationsbranchen tätigen Unternehmen mit starken Wachstumsaussichten, sind in ihrer Entwicklung früher oder später auf die Finanzierung durch potente Geldgeber angewiesen. Wagniskapitalfonds helfen, Startups und Investoren zusammenzubringen. Wagnis deshalb, weil das Potenzial von Start-ups zwar hohe Renditen im Erfolgsfall verspricht, das Geld aber wegen der unsicheren Erfolgsaussichten auch schnell weg sein kann.
Auch wenn sich in Österreich in den vergangenen Jahren ein Netzwerk gebildet und das Thema Start-ups eine breitere Öffentlichkeit gefunden hat: Die investierten Summen sind im internationalen Vergleich geradezu mickrig. Beim Anteil der Investitionen an der Wirtschaftsleistung liegt Österreich im Bereich Private Equity mit 0,03 Prozent europaweit auf Rang 20. Der europäische Durchschnitt liegt beim rund Zehnfachen. Und das betrifft den größeren Kuchen des Wachstumskapitals, von dem Wagniskapital nur einen geringen Anteil ausmacht. Dessen Aufkommen ist seit 2010 nie über 30 Millionen Euro hinausgekommen (siehe Grafik).
Wenig Nachschub
Auch beim Fundraising, also bei der Suche nach Geldgebern für ebendiese Investitionen, sieht es düster aus. 2014 betrug das aufgestellte Private-Equity-Kapital gerade einmal 13 Millionen Euro – wesentlich weniger als etwa noch Mitte der 2000er-Jahre. 2015 waren die Finanzierungszusagen dann mit 111 Millionen deutlich höher, was jedoch zum Großteil auf den Start eines einzelnen Fonds zurückzuführen ist.
Laut Jürgen Marchart, Geschäftsführer des Private-EquityVerbandes AVCO, gibt es dafür mehrere Gründe. Neben den gesetzlichen Vorgaben seien das auch aufsichtsrechtliche. Fonds seien bei der zuständigen Finanzmarktaufsicht (FMA) nur registriert, nicht konzessioniert. Da- durch dürfe man nur im Inland auf Investorensuche gehen.
Eine andere AVCO-Forderung: ein staatlicher Dachfonds, der als Investor bei Fonds einsteigen und somit das private Kapital hebeln würde. Mit der staatlichen Förderbank Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH (AWS) gibt es bereits eine Stelle, die dies in Ansätzen macht. Sie ist mit sieben Millionen Euro an einem Fonds des österreichischen Branchenführers Speedinvest beteiligt.
Erstmals trat dieser 2011 in Erscheinung, damals noch mit einer Fondssumme von zehn Millionen Euro. Bei der zweiten Finanzierungsrunde im vergangenen Jahr konnte man dann schon knapp 90 Millionen auftreiben. Zu den 100 Investoren, die jeweils mindestens 300.000 Euro eingezahlt haben, zählen Prominente wie Dietrich Mateschitz, aber auch Gründer wie Florian Gschwandtner (Runtastic). „Institutionelle Anleger gehen momentan nicht in den Equitybereich. Was bleibt, sind private Geldgeber, das hat Speedinvest eindrucksvoll gezeigt“, sagt Marchart.
Speedinvest investiert hauptsächlich in Start-ups in der Digitalwirtschaft, die durchschnittliche Investitionshöhe beträgt 500.000 Euro. Auch bei anderen Fonds wie Pioneers Ventures geht es darum, Gründer in einer frühen Phase zu unterstützen. Solange aber nicht mehr Fonds gegründet und Geldgeber an Land gezogen werden (siehe unten), bleibt die Lage für Gründer schwierig.
Die Nachfrage nach Wachstumskapital ist jedenfalls gegeben: Laut einer Erhebung der Wiener Wirtschaftsagentur unter Start-upUnternehmern in der Bundeshauptstadt gaben diese an, 2014 mindestens 160 Millionen Euro lukriert zu haben. Was nicht über Wagniskapitalfonds, Business-Angels oder Crowdfunding zu holen ist, muss meist von Bekannten und Verwandten zusammengekratzt werden.