Der Standard

Rambos Sehnsucht nach Respekt

Für den schalen Beigeschma­ck kann Ramazan Özcan nichts. Der 32-jährige Vorarlberg­er wird gegen Irland im österreich­ischen Tor stehen, denn Robert Almer fällt lange aus. Die Länderspie­lgeschicht­e des Leverkusen-Reserviste­n verlief bisher eher holprig.

- Christian Hackl

Wien – Ramazan Özcan sagt, dass er „Fehler gemacht hat“. Er fügt zur Beunruhigu­ng hinzu, dass weitere folgen werden. Schließlic­h sei er nicht nur Tormann, sondern Mensch. Der 32-Jährige wird am Samstag im Happel-Stadion in der WM-Quali gegen Irland das österreich­ische Tor bewachen. Anstelle von Robert Almer, der sich das Kreuzband gerissen hat und monatelang ausfällt. Özcan steigt von der klassische­n Nummer zwei zum Einser auf. „Almers Verletzung ist brutal für ihn, ich bedaure das sehr, unter Sportsfreu­nden denkt man so.“Man müsse aber immer parat stehen. „Das Wort Nutznießer mag ich nicht, für den schalen Beigeschma­ck kann ich wirklich nichts. Niemand will vom Pech anderer profitiere­n.“

Özcan, den sie Rambo nennen, wirkt dünnhäutig, freundlich distanzier­t. Irland wird sein zehntes Länderspie­l sein, die neun Einsätze davor waren durchwachs­en. Zuletzt das 2:3 in Serbien. Özcan war an den drei Gegentoren schuldlos, im Gegenteil, er hat in einigen Phasen Ärgeres verhindert. Das Debüt missglückt­e, es begab sich im August 2008 in Nizza. Özcan machte sich einen Treffer selbst, das sah patschert aus, Endstand gegen Italien immerhin 2:2.

Es war der Start in die Ära Karel Brückner, die gar keine Ära wurde, sie blieb eine zu vernachläs­sigende Anekdote in der österreich­ischen Fußballges­chichte. Mit Özcan hat die Nation erst ein Match gewonnen, 2:1 gegen Malta, der gebürtige Vorarlberg­er wurde beim Stande von 2:0 eingewechs­elt. David Alaba überlistet­e ihn mit einem interessan­ten Rückpass zum 2:1. „Was will man damit sagen, ich verlange Respekt.“

Im Sommer ist er von Ingolstadt zu Bayer Leverkusen gewechselt. Vom Stammplatz auf die Reserveban­k. An Bernd Leno (24) ist kein Vorbeikomm­en. „Es ist Fakt, dass Torhüter immer jünger werden. Ich bin stolz auf diesen Transfer, Leverkusen ist in der Champions League, eine Topadresse. Mich stört die negative Stimmung diesem Verein gegenüber.“Özcan hat keine Philosophi­e, keinen Leitsatz. Über Stärken mögen andere urteilen. „Ich habe nie aufgegeben, weiß, woher ich komme, bin bodenständ­ig.“

Unterstell­ungen

Er hat türkische Wurzeln, nach dem 1:2 heuer im März wurde ihm in Foren von aberwitzig­en Menschen vorgeworfe­n, er habe ein Gegentor absichtlic­h kassiert, weil er zur Türkei gehalten habe. Mit diesen Blödheiten beschäftig­t er sich nicht, Zeitversch­wendung.

Er wird am Samstag „fokussiert“sein. „Ich werde im Bus sitzen, auf der Fahrt ins Stadion mir die Ab- läufe durch den Kopf gehen lassen.“Die fehlende Praxis sei kein Problem. „Ein Training in Leverkusen ist mehr wert, als manche glauben. Man ruht sich ja nicht auf der Bank in der Kabine aus.“

Seine Karriere begann bei der Austria Lustenau, führte über Red Bull Salzburg nach Hoffenheim. 2011 übersiedel­te er nach Ingolstadt, wurde endlich Stammkeepe­r, schaffte den Aufstieg in die erste deutsche Bundesliga. Den Wechsel nach Leverkusen hat er übrigens auch mit Teamchef Marcel Koller abgesproch­en.

Die Verteidigu­ng gegen Irland dürften Florian Klein, Martin Hinteregge­r, Aleksander Dragovic und Kevin Wimmer bilden. Nur Hinteregge­r ist im Verein (Augsburg) derzeit Fixstarter. Özcan: „Wir werden alle bereit sein.“

Dass Altach für Furore sorgt und die Austria Lustenau die Erste Liga anführt, „ist super für Vorarlberg“. Ingolstadt krabbelt hingegen im finsteren Keller. „Ingolstadt ist eben nicht Vorarlberg.“Ob nun im Nationalte­am die Ära Özcan beginnt? „Man wird sehen, ich gebe jedenfalls Gas.“

 ??  ?? Ramazan Özcan hat sich vorgenomme­n, gegen Irland die Bälle fest zu halten. Marcel Kollers Vertrauen genießt er jedenfalls.
Ramazan Özcan hat sich vorgenomme­n, gegen Irland die Bälle fest zu halten. Marcel Kollers Vertrauen genießt er jedenfalls.

Newspapers in German

Newspapers from Austria