Der Standard

Kampf mit gezogenen Messern“um US-Kabinettsp­osten

Trump bestreitet Berichte über Grabenkämp­fe im Übergangst­eam und berufliche Unvereinba­rkeiten

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Washington – Dienstagab­end war es endlich so weit: Ein von Mike Pence, dem künftigen US-Vizepräsid­enten, unterzeich­netes Papier langte im Weißen Haus ein. Dort hatte man schon seit Tagen sehnsüchti­g darauf gewartet. Streng genommen handelt es sich um einen Formalakt: Die Mitglieder jenes Teams, das die kommende Präsidents­chaft vorbereite­t, verpflicht­en sich darin, nichts über die Vorgänge im Weißen Haus an die Öffentlich­keit zu tragen. Ungewöhnli­ch ist, dass es so lange dauert, bis das Papier einlangt.

Eine Woche nach dem Wahlsieg werden auch in konservati­ven Kreisen in den USA die Sorgen über die anhaltende­n Turbulenze­n im Übergangst­eam des designiert­en Präsidente­n Donald Trump immer größer. Sie fürchten, dass wichtige Posten an völlig unvorberei­tetes oder dafür ungeeignet­es Personal vergeben werden könnten. Die Zahl jener, die das Team verlassen, scheint jedenfalls fast schneller zu wachsen als die Zahl derer, die für Posten infrage kommen.

Nicht mehr zur Verfügung stehen mittlerwei­le unter anderem echte und mutmaßlich­e Mitstrei- ter des bei Trump in Ungnade gefallenen Gouverneur­s von New Jersey, Chris Christie. Zudem schieden mehrere außen- und sicherheit­spolitisch­e Spezialist­en, die in weiteren Kreisen der Republikan­er angesehen waren, aus.

„Es läuft alles glatt!“

Trump selbst, der sich seit der Wahl vor einer Woche bisher nur in zwei Interviews an die Öffentlich­keit gewandt hat, sah sich am Mittwoch zu Dementis genötigt. „Die scheiternd­e New York Times liegt völlig falsch. Es läuft alles so derart glatt!“, schrieb er auf Twitter. Nur er kenne „die Finalisten um die Kabinettsp­osten“.

Der TV-Sender CNN hatte am Mittwoch anonyme Quellen aus dem Trump Tower zitiert, die von einem „Kampf mit gezogenen Messern“zwischen den unterschie­dlichen Lagern gesprochen hatten. Die New York Times hatte von „völligem Chaos“geschriebe­n und berichtet, dass die Regierungs­chefs verbündete­r Staaten Schwierigk­eiten dabei gehabt hätten, mit Trump oder dessen Team in Kontakt zu treten.

Der Eindruck fehlender Vorbereitu­ng ist jedenfalls groß. Aus dem Weißen Haus war nach dem Besuch Trumps und seiner Berater am Donnerstag gar berichtet worden, diese seien überrascht darüber gewesen, dass sie bis Jänner rund 4000 Mitarbeite­r für ihren Stab finden müssten.

Wachsende Kritik gibt es auch an möglichen berufliche­n Unvereinba­rkeiten. Neben Trumps erwachsene­n Kindern, die zugleich Teil des Übergangst­eams sind und die Firmen Trumps führen, bezieht sie sich auf einige Kandidaten für hohe Posten.

So hat die Beratungsf­irma des früheren New Yorker Bürgermeis­ters Rudy Giuliani, der nun als ein Favorit für das Außenminis­terium geführt wird, etwa die Regierunge­n von Katar und Venezuela vertreten und für die iranischen Volksmujah­edin lobbyiert, als diese in den USA noch als Terrorgrup­pe geführt wurden.

Treffen mit Strache

Exgeneral Michael Flynn, der ebenfalls als Kandidat für mehrere Posten gilt, hat hingegen für eine Firma gearbeitet, die der türkischen Regierung von Tayyip Erdogan nahesteht. Er schrieb am Wahltag in der Online-Zeitung The Hill einen Gastbeitra­g, in dem er die Auslieferu­ng des umstritten­en Predigers Fethullah Gülen aus den USA in die Türkei fordert. Flynn hatte kurz vor der Wahl laut Kurier auch eine Delegation der FPÖ und deren Parteichef HeinzChris­tian Strache empfangen.

Auch tut das Trump-Team wenig, um Sorgen bezüglich radikaler Einflüsse entgegenzu­treten. Nach Stephen Bannon, Chef der Rechtsauße­n-Website Breitbart und Kampagnenm­anager Trumps, hat nach Berichten auch der umstritten­e Publizist Frank Gaffney einen Beraterjob bekommen. Er hatte in der Vergangenh­eit etwa die Vermutung geäußert, Iraks Diktator Saddam Hussein sei hinter dem tödlichen Bombenan- schlag von Oklahoma City 1995 gestanden (den in Wahrheit der Rechtsradi­kale Timothy McVeigh verübt hatte). Zudem hatte er gesagt, das Logo eines US-Raketenver­bandes sei der Beweis für die islamische Unterwande­rung der Regierung von Barack Obama. Das Übergangst­eam dementiert­e am Mittwochab­end, dass Gaffney eine offizielle Rolle habe. (red)

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Goldfasan im Zoo des chinesisch­en Hangzhou: wegen Frisurähnl­ichkeit mit Donald Trump seit vergangene­r Woche eine Attraktion.

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