Bevölkerung wächst bis zum Jahr 2020 auf neun Millionen
Jährlich ein Prozent mehr Einwohner durch Zuwanderung, bald zwei Millionen in Wien
Wien – In ihrer jüngsten Bevölkerungsprognose gehen die Demografen der Statistik Austria von einem noch stärkeren Anstieg als bisher aus. Die Einwohnerzahl steige durch Zuwanderung um ein Prozent im Jahr, bereits in vier Jahren sollen neun Millionen Menschen in Österreich leben; 2015 waren es im Schnitt 8,63 Millionen. Das Wachstum konzentriert sich weiterhin stark auf die Stadt Wien, die Ende 2022 die ZweiMillionen-Marke erreichen soll.
Auch wenn unvorhersehbare Ereignisse langfristige Prognosen erschweren, wagen die Statistiker einen Blick bis weit ins 21. Jahrhundert. Der Anteil nicht in Österreich geborener Menschen soll von heute 18 auf mehr als 26 Prozent im Jahr 2080 steigen. Der Anteil von Pensionisten sollte bis dahin von derzeit ebenfalls 18 Prozent auf 29 Prozent steigen, während der Anteil der Erwerbstätigen weiter sinkt. 2080 sollte auch die Zehn-Millionen-Marke bei der Einwohnerzahl durchbrochen werden. (red)
Wien – 2004 zählte Wien 1,61 Millionen Einwohner. Bis 2029, so prognostizierten die Demografen von Statistik Austria damals, würde sich der Bevölkerungsstand der Bundeshauptstadt auf ein Maximum von 1,7 Millionen erhöhen. Nur zwölf Jahre später hält Wien bei 1,86 Millionen Menschen, und der Zweier vor dem Komma ist nur noch eine Frage der Zeit. Welchen Zweck haben solche Prognosen, wenn sie in nur wenigen Jahren obsolet werden?
„Natürlich darf ihr Gewicht nicht überbewertet werden“, sagte Konrad Pesendorfer, der Generaldirektor von Statistik Austria, bei der Präsentation der aktuellsten Bevölkerungsprognose am Dienstag. Man habe immer ein Gegenwartsbias, denke die Welt also so fort, wie sie sich zuletzt entwickelt hat. „Und es gibt im Leben Dinge, die man nicht vorhersagen kann – oder möchte. Was in Syrien passiert ist, hätte der beste Prognostiker nicht vorhersehen können“, sagte Pesendorfer. Derzeit seien wir sehr stark geprägt von Flüchtlingsbewegungen, es könne aber sein, „dass wir bald um gut ausgebildete Zuwanderer ringen, weil uns die Erwerbsbevölkerung ausgeht“, so der Chefstatistiker.
Asylanträge und Pillenknick
Neben dem einzigartigen Anstieg und Fall der Asylantragszahlen in den vergangenen beiden Jahren (siehe links unten) veranschaulicht auch der Niedergang der Geburtenrate nach Einführung der Antibabypille in den 1960er-Jahren (rechts unten) die Grenzen seriöser Bevölkerungsprognosen. Die Fertilitätsrate sank innerhalb nur eines Jahrzehnts von 2,8 auf 1,6 Kinder pro Frau und damit unter das Bestandserhaltungsniveau von 2,1. Heute liegt die Fruchtbarkeitsrate bei 1,5 Kindern pro Frau, und sehr viel höher wird sie laut der jüngsten Projektion bis zum Prognosehorizont 2080 nicht mehr steigen.
Das ist auch der Grund dafür, dass sich die Einwohnerzahl Ös- terreichs nur durch Zuwanderung erhöhen wird. Von heute 8,77 auf neun Millionen Menschen soll sie bis 2020 anwachsen, und auch wenn sie diese Annahme seit der letztjährigen Prognose um zwei Jahre vorverlegen mussten, halten die Demografen sie noch für relativ robust. Der zehnmillionste Einwohner wurde für 2080 errechnet.
Dabei soll Kärnten als einziges Bundesland nicht zum Wachstum beitragen. Während Wien bis 2080 ein Anstieg von 25,5 Prozent auf mehr als 2,3 Millionen Einwohner erwartet, und selbst der – für die Steiermark prophezeite – geringste Bundesländeranstieg 7,9 Prozent beträgt, dürfte Kärnten um 2,9 Prozent Einwohner verlieren.
Wien indes soll die Zweimillionenmarke bereits um den Jahreswechsel 2022/23 erreichen. „Möglicherweise ist das Neujahrsbaby der zweimillionste Mensch in Wien“, sagte Statistik-AustriaDemograf Alexander Hanika.
Zuwanderung und Alterung
Der Anteil der im Ausland geborenen Einwohner soll sich von heute knapp 18 Prozent auf mehr als ein Viertel im Jahr 2060 erhöhen. So hoch wie 2015, als 113.067 Personen mehr ein- als auswanderten, wird der Wanderungssaldo aber nicht angenommen. In den nächsten Jahren soll er jeweils 63.000 Personen betragen und bis 2040 auf 26.000 sinken. Ohne Zuwanderung würde die Einwohnerzahl bis 2080 auf unter 6,5 Millionen fallen.
Großen Einfluss hat die Zuwanderung auch auf den Altersschnitt der Bevölkerung: Während der Anteil der über 64-Jährigen laut Hauptvariante von heute 18 bis 2080 auf 29 Prozent steigen soll, würde er ohne Immigration auf 36 Prozent anwachsen. Hauptgrund für die Alterung ist die bis 2080 steigende Lebenserwartung von 78,6 auf 89,2 Jahre bei Männern und 83,6 auf 92,3 Jahre bei Frauen. Die Zahl der Bewohner im Erwerbsalter wird in absoluten Zahlen stabil bleiben, relativ dürfte er allerdings von 62 auf 52 Prozent sinken – ohne Zuwanderung sogar auf 30 Prozent. Alleinige Lösung für die bevorstehende Pensionskrise könne die derzeitige Zuwanderung aber nicht sein, sagt Pesendorfer. Denn auch die Migranten kommen irgendwann ins Pensionsalter. „Langfristig helfen nur mehr Geburten. Also schreiben Sie darüber“, schloss Pesendorfer den Medientermin. Erledigt.