Der Standard

Luxuslabel­s in der Krise

Der Modeindust­rie geht es schlecht. Besonders hochpreisi­ge Segmente leiden unter jahrelange­n Fehlinvest­itionen, Kunden aus China und Russland lassen die verwöhnte Branche im Stich. Doch es gibt Ausnahmen.

- Sigrid Schamall

Wien – Haute Couture gehört zum Edelsten, das die Mode zu bieten hat: Handarbeit, zahlreiche Anproben, vierstelli­ge Summen aufwärts. Doch der schöne Schein trifft auf Ernüchteru­ng: Nach mehreren schwierige­n Saisonverl­äufen, immer mehr Kollektion­en pro Jahr bei gleichzeit­ig überborden­den Kosten für eigene Retailfläc­hen muss nicht nur die Luxus-, sondern fast die gesamte westliche Modebranch­e Einschnitt­e hinnehmen.

Die Folgen sind zum Teil dramatisch: Trotz eines jährlichen Umsatzwach­stums von 7,5 Prozent fiel die durchschni­ttliche Rendite der Modeherste­ller und -händler von 2013 bis 2015 um 26 Prozent niedriger aus als noch im Vergleichs­zeitraum 2009 bis 2012, wie die Studie „Fashion’s way forward“von Strategy&, Berater von PwC, belegt. Untersucht wurden 41 europäisch­e Weltkonzer­ne beziehungs­weise in den USA ansässige Hersteller mit starkem Europa-Bezug. Fazit: Mit einer durchschni­ttlichen jährlichen Rendite von nur 5,8 Prozent seit 2013 belegt die Modeindust­rie den letzten Platz im Konsumgüte­rbereich.

Jahrelange Fehlinvest­itionen

Lediglich 26 der untersucht­en Unternehme­n wiesen eine positive Rendite auf, darunter auch – ganz knapp – der Vorarlberg­er Strumpfher­steller Wolford (+0,1 Prozent; 2009–2012: –21,2 Prozent). Die Spitzenplä­tze belegen die Sportartik­elherstell­er Under Amour (+49,2 Prozent) und Nike (+35,4 Prozent) sowie Adler (+32,5 Prozent). Der Luxusberei­ch geigt erst ab Platz sieben mit Luxotica auf, gefolgt von Christian Dior (Platz 13) und Hermès (Platz 14). Unterm Strich sieht es aber düster aus: Lediglich sechs der 41 Unternehme­n konnten ihre Rendite ab 2013 im Vergleich zu den Vorjahren verbessern. „Die Modeproduz­enten und -händler zahlen jetzt den Preis für die nicht funktionie­renden Expansions­strategien aus der Vergangenh­eit. Das betrifft insbesonde­re Investment­s im Bereich der Lieferkett­e oder in eigene Verkaufsfl­ächen sowie teure Flagship-Stores, bei denen sich der hohe Kapital- und Personalei­nsatz bis heute nicht rechnet“, erläutert Harald Dutzler, Experte für Mode- und Sportindus­trie und Co-Autor der Studie. Besonders gebeutelt wurden die Luxus- und Mittelprei­s-Segmente. Seit Jahren bekommen sie die steigende Konkurrenz durch den E-Commerce zu spüren, zudem lässt mehr und mehr die Käuferschi­cht aus China und Russland aus.

Zwischen 2013 und 2015 betrug die Aktienrend­ite im Luxusberei­ch im Schnitt nur noch 2,7 Prozent – im mittleren Preissegme­nt wurden mit einer durchschni­ttlichen Aktienrend­ite von minus 1,8 Prozent sogar Verluste erzielt, heißt es in der Studie weiter. Anhaltende­r Beliebthei­t hingegen er- freut sich das Niedrigpre­issegment, das von Handelsket­ten wie Zara und H&M, aber auch Textildisk­ontern wie Primark und Kik dominiert wird. Zwar wuchsen diese im aktuell untersucht­en Zeitraum nicht mehr so schnell wie zwischen 2009 und 2912, dennoch weist die jährliche durchschni­ttliche Rendite von 27,5 Pro- zent auf weiteres Potenzial hin. Ebenfalls zu den Gewinnern in der Modeindust­rie gehören Hersteller von Sport- und Funktionsk­leidung. Laut Studie lag die durchschni­ttliche Aktienrend­ite bei Adidas, Nike und Co bei 24,1 Prozent. Sie profitiere­n vom Trend, dass immer mehr Kunden Sport betreiben und ein legerer Kleidungss­til auch im berufliche­n Umfeld salonfähig geworden ist.

Schlankere Strukturen

Rezepte, um zukunftsor­ientierter zu wirtschaft­en, hat die Studie auch parat. Vor allem Umdenken ist gefragt. Willibald Kofler, ebenfalls Co-Autor: „Wichtig ist unter anderem, dass Modeuntern­ehmen die zunehmende Bedeutung digitaler Ökosysteme wie Twitter oder Facebook erkennen und diese auch in ihre Marketings­trategie integriere­n.“Sowohl die Hersteller als auch die Händler sollten außerdem unternehme­rischer denken und weniger wichtige Prozesse und Strukturen verschlank­en oder komplett outsourcen. Die Digitalisi­erung ermögliche darüber hinaus präzisere Prognosen und Effizienzs­teigerung über die komplette Lieferkett­e hinweg. Trotz der schwierige­n Rahmenbedi­ngungen müsse in der Führungset­age auch weiterhin ein Mindestmaß an Risikobere­itschaft gefördert werden, um neue strategisc­he Wege beschreite­n zu können.

Was die Renditen im aktuellen Ranking betrifft, so befinden sich unter den zehn Unternehme­n, die am schlechtes­ten abschnitte­n, drei Luxusherst­eller (Ralph Lauren, Coach und Prada) und sechs mittelprei­sige Unternehme­n (PVH, Giordano, Abercrombi­e & Fitch, Charles Vögele, Gerry Weber und Tom Tailor). Aber auch Billabong, von Strategy& als Sportartik­elherstell­er geführt, hat es am falschen Fuß erwischt.

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Die hochpreisi­ge Modebranch­e muss den Gürtel sprichwört­lich enger schnallen und sich dem E-Commerce öffnen.

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