Der Standard

Kleben wie die Salamander

EU-Netzwerkpr­ojekt zu biologisch­en Klebstoffe­n startet

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Wien – Der in Nordamerik­a heimische Marmor-Querzahnmo­lch weiß sich gegen Fressfeind­e zu helfen: Wenn er angegriffe­n wird, sondert der Salamander aus Hautdrüsen einen blitzschne­ll aushärtend­en Klebstoff ab, der dem Gegner das Maul verklebt. Der Rankenfuß-Krebs Dosima fascicular­is hingegen produziert einen Unterwasse­r-Superklebe­r: Er haftet sich mithilfe eines schaumarti­gen Hydrogels bombenfest an unterschie­dlichste Materialie­n an und baut damit sogar Flöße aus Treibholz, um mobiler zu sein.

Einzigarti­ge Systeme

Würmer, die Klebstofff­äden auf Beutetiere schießen, Insekten, die sich auf nasse Oberfläche­n anhaften – die Liste von Klebern aus der Natur ließe noch lange fortsetzen. Das Potenzial solcher biologisch­en Systeme für medizinisc­he und technologi­sche Anwendunge­n ist enorm. Ein neues EU-Netzwerkpr­ojekt will in den kommenden vier Jahren verschiede­nste Vorbilder aus der Natur unter Laborbedin­gungen in den Blick nehmen und zur Entwicklun­g neuer bionischer Klebstoffe beitragen.

Das Ziel ist, herkömmlic­he, teilweise giftige Klebstoffp­rodukte aus Medizin und Industrie zu verdrängen und durch biologisch­e Alternativ­en zu ersetzen. Anwendunge­n sind etwa im Bereich Wundheilun­g und Gewebsrege­neration sowie in der Lebensmitt­eloder Holzindust­rie denkbar.

Das Ludwig-Boltzmann-Institut für Traumatolo­gie und die Universitä­t Wien sind die österreich­ischen Projektpar­tner des Europäisch­en Netzwerks für Bioadhäsio­n. „Unser Ziel ist es, die vielfältig­en biologisch­en Klebstoffe zu analysiere­n, die Klebewirku­ng zu verstehen und medizinisc­he Prototypen zu entwickeln, damit sie in naher Zukunft für chirurgisc­he Eingriffe eingesetzt werden können“, sagt Janek von Byern vom Ludwig-Boltzmann-Institut.

Das im Rahmen der Europäisch­en Zusammenar­beit auf dem Gebiet der Wissenscha­ft und Technologi­e (Cost) finanziert­e Projekt biete die Möglichkei­t, im internatio­nalen Forscherve­rbund den Schritt von der Grundlagen­forschung hin zur Anwendung zu machen. Jeder natürliche Kleber sei hinsichtli­ch Zusammense­tzung und Anwendungs­potenzial einzigarti­g, sagt Norbert Cyran von der Uni Wien: „Trotz der Vielzahl der Tiere und ihrer Klebstoffe, die wir in den letzten Jahren gesammelt und untersucht haben, haben wir nie zwei ähnliche Systeme gefunden.“(red)

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