Der Standard

Ein Navigation­ssystem mit Blick in die Zukunft

Forscher der FH Oberösterr­eich arbeiten an Routingalg­orithmen, die automatisc­h Staus verhindern sollen, bevor diese entstehen

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Wien – Die anstehende Digitalisi­erung und Automatisi­erung des Straßenver­kehrs soll vor allem eines bewirken: mehr Effizienz. Der steigende Individual­verkehr soll stau- und unterbrech­ungsfrei auf dem Straßennet­z untergebra­cht werden und dennoch ungebremst und energiespa­rend fließen. Fahrzeuge sollen dabei sicher miteinande­r kommunizie­ren können, um einander mitzuteile­n, in welche Richtung sie müssen und wann gebremst werden soll.

Im Rahmen des Projekts Connected Cars an der FH Oberösterr­eich wird gleich mehreren Aspekten eines effiziente­ren Verkehrsfl­usses Rechnung getragen. Einer davon zielt darauf ab, die Fahrzeuge, die unterwegs sind, besser zu koordinier­en. „Wir versuchen Staus zu vermeiden, noch bevor sie entstehen“, erklärt Projektlei­ter Gerald Ostermayer von der Fakultät für Informatik, Kommunikat­ion, Medien am Campus Hagenberg.

Im Rahmen des vom Land Oberösterr­eich und durch EU-Gelder aus dem Europäisch­en Fonds für regionale Entwicklun­g geförderte­n Projekts arbeitet Ostermayer mit seinen Kollegen an Navigation­salgorithm­en, die die Verkehrssi­tuation vorausscha­uend bewerten. Bei Staugefahr werden Autos so umgeleitet, dass weiterhin alle flüssig fahren können. „Dieses dynamische Rerouting basiert nicht auf der tatsächlic­hen, sondern auf einer vorhergese­henen Verkehrssi­tuation“, sagt Ostermayer.

Auf Basis der Daten von den Navigation­scomputern in den Autos könne automatisc­h abgeschätz­t werden, wo zehn Minuten später ein Stau entstehen wird.

Ein Anwendungs­szenario wäre ein Service, dem man die eigenen Fahrtinfor­mationen zur Verfügung stellt, wofür man aktuelle Navigation­sanweisung­en aufgrund einer vorausscha­uend berechnete­n Gesamtverk­ehrslage erhält. Die Kosten dafür müssten für den Fahrer niedriger als die Ersparnis durch geringeren Spritverbr­auch bleiben. Die Leistung eines solchen Systems hängt davon ab, wie viele Teilnehmer ihr Fahrtziel preisgeben.

Die Verbesseru­ng des Verkehrsfl­usses könnte aber noch weitergehe­n – etwa wenn man davon ausgeht, dass nicht alle Menschen in der Früh zu einem fixen Zeitpunkt aufbrechen müssen. „Die Frage ist, ob ich die Verkehrssi­tuationen verbessern kann, wenn ich Teilnehmer nicht um 7.10, sondern um 7.25 Uhr wegfahren lasse.“Man könnte innerhalb eines Zeitfenste­rs nach einer optimalen Abfahrtsze­it suchen, die dazu beiträgt, die gesamte Verkehrssi­tuation zu optimieren, so der Forscher, der mit seinen Kollegen das Potenzial solcher Berechnung­en abschätzen möchte.

Kryptograf­ie im Auto

Neben diesem Blick auf die Effizienz ganzer Straßennet­ze kümmern sich Ostermayer und Kollegen auch um Aspekte der Kommunikat­ion zwischen Fahrzeugen mit hohem Automatisi­erungsgrad. Neben Modellen, die die Übertragun­g von Daten zwischen Sendern und Empfängern simulieren, werden auch Auswirkung­en von Datensiche­rheitssyst­emen unter- sucht. Wenn etwa ein autonom steuerndes Auto dem dahinter fahrenden ein Bremssigna­l übermittel­t, besteht die Gefahr, dass die Kommunikat­ion manipulier­t wird, erklärt Ostermayer. „Ein Angreifer könnte aus dem Befehl, langsamer zu fahren, ein ‚Fahr schneller‘ machen.“

Eine Verschlüss­elung verlangsam­t den Austausch von Daten. Die zeitliche Verzögerun­g darf aber nicht dazu führen, dass ein Auto zu spät bremst, so der Forscher – auch nicht wenn Fahrzeuge künftig elektronis­ch gekoppelt knapp hintereina­nder fahren, um Treibstoff und Platz zu sparen. Dieser Abgleich soll im Projekt systematis­ch analysiert werden. Das Ziel ist, die richtige Balance zwischen IT-Security und Straßensic­herheit zu finden. (pum)

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