Der Standard

Magazin „Alles Roger?“: Unglaublic­h gute Interviews

Zweifel an Echtheit mehrerer Interviews mit Weltstars wie Kevin Spacey, die das Magazin geführt haben soll

- Markus Sulzbacher, Fabian Schmid

Bei den Interviews geht es schon mal recht rau zu. Da wird der Fragestell­er „ein richtiges Arschloch“genannt oder ihm eine Tracht Prügel angedroht. Und zwar von Weltstars wie Sting oder dem Schauspiel­er Mickey Rourke. Derartige Interviews sind ein Markenzeic­hen der 2014 gestartete­n Zeitschrif­t Alles Roger?, die in einer Auflage von 200.000 Stück verbreitet wird. In den Interviews geht es auch um Politik – und die Hollywood-Stars nehmen sich kein Blatt vor den Mund. „Seit Jahren arbeiten unsere Politiker, auch die in Europa, anscheinen­d auf einen größeren Krieg hin“, sagt etwa Schauspiel­er Kevin Spacey.

Doch das Interview mit Spacey, das von Alles Roger?-Chefredakt­eur Roland Hofbauer geführt worden sein soll, habe laut Spaceys PR-Agentin Staci Wolfe nicht stattgefun­den. „Es handelt sich um ein gefälschte­s Interview“, schreibt Wolfe in einem E-Mail an den STANDARD.

Zweifel gibt es auch an der Authentizi­tät anderer Interviews. Sting habe „nach unserem Wissenssta­nd mit dieser Publikatio­n kein Interview geführt“, heißt es von Universal Music, Stings Plattenfir­ma. NetflixChe­f Reed Hastings gibt in einem Gespräch mit Alles Roger? angeblich zu, privat Pornos zu konsumiere­n, und legt dar, dass der Videostrea­ming-Service Netflix über das Anbieten von Pornos „selbstvers­tändlich nachgedach­t“habe, das aber „im sehr prüden Amerika“wirtschaft­liche Nachteile mit sich bringen würde. Derart offen hätte Hastings bislang mit keinem Medium der Welt geredet. Netflix möchte sich offiziell nicht zu dem Interview äußern.

Interviews mit Strache und Hofer

Alles Roger?- Chefredakt­eur Roland Hofbauer, der als Autor der Interviews geführt wird, gibt im Standard- Gespräch an, die Beiträge von einer „Agentur“aus dem Ausland zugekauft zu haben. Diese leiste „gewissenha­fte Arbeit“. Er möchte jedoch nicht sagen, um welche Agentur es sich dabei handelt. „Das müsst ihr selbst recherchie­ren“, sagt Hofbauer. In einigen Interviews bei Alles Roger? geht es jedoch auch um Wien und den Interviewe­r selbst.

Authentisc­h dürften Interviews mit österreich­ischen Politikern aus dem rechten Parteiensp­ektrum sein. Alles Roger?, das von Excalibur City-Betreiber Ronnie Seunig gegründet wurde, sprach mit FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache und ließ Ex-BZÖ-Politiker Peter Westenthal­er den Präsidents­chaftskand­idaten Norbert Hofer interviewe­n. Gesprochen wurde auch mit FPÖ-Generalsek­retär Herbert Kickl, der mit Alles Roger? über die „Lügenpress­e“diskutiert­e.

DÖW kritisiert­e Magazin

Alles Roger? wurden vergangene­s Jahr vom Mauthausen-Komitee „antisemiti­sche Tendenzen“attestiert. Laut dem Dokumentat­ionsarchiv des Österreich­ischen Widerstand­s übernehme das Magazin „verschwö- rungstheor­etische Positionen, wie sie aus rechtsextr­emen Kreisen bekannt sind.“

Das Magazin hält Kontakte zu anderen selbsterna­nnten „alternativ­en“Medien, zu denen etwa das der FPÖ nahestehen­de unzensurie­rt.at gehört. Die Plattform hatte seinen Lesern empfohlen, auch ein Abonnement von Alles Roger? abzuschlie­ßen. Auf dem Kongress der „Verteidige­r Europas“in Linz, an dem teils Rechtsextr­eme wie Mitglieder der Identitäre­n-Bewegung teilnahmen, war auch Chefredakt­eur Hofbauer. Laut einem Bericht von unzensurie­rt.at – Vertreter traditione­ller Medien durften den Kongress nicht besuchen – erklärte dieser dort die Krise etablierte­r Nachrichte­norganisat­ionen bei einer Gruppendis­kussion damit, dass in ihnen „a Schas drinsteht“.

Newspapers in German

Newspapers from Austria