Der Standard

EU ortet Baustellen im Bildungssy­stem

Uni-Finanzieru­ng und Chancengle­ichheit als Herausford­erungen

- Lisa Breit

Wien – Österreich­s Bildungssy­stem sei im Vergleich mit anderen EU-Ländern „guter Durchschni­tt“, sagte Michael Teutsch von der Generaldir­ektion für Bildung und Kultur der Europäisch­en Kommission am Mittwoch bei der Präsentati­on des aktuellen Bildungsmo­nitors. In der Studie evaluiert und vergleicht die EU-Kommission jährlich die Bildungspo­litik aller EU-Staaten. Grundlage sind statistisc­he Daten.

Dennoch gebe es einige zentrale Herausford­erungen. Vor allem kritisiert Teutsch die Unterfinan­zierung des Hochschulb­ereichs: Die zur Verfügung stehenden Mittel könnten den identifizi­erten Bedarf nicht decken. Im Bericht werden als Fehlbetrag 500 Millionen Euro angeführt – das ist jene Summe, die die Universitä­tenkonfere­nz (Uniko) für die kommende Leistungsv­ereinbarun­gsperiode (2019–2021) pro Jahr zusätzlich einfordert.

„Die Zahl der Studierend­en macht noch keine gute Hochschule aus“, sagt Teutsch und appelliert an alle EU-Staaten, nicht bloß Absolvente­n zu produziere­n, sondern auch auf deren Erfolg am Arbeitsmar­kt zu achten. Außerdem gelte es, bestimmte Fächer auszubauen. In Österreich müsse etwa mehr Fokus auf den Bereich Naturwisse­nschaften, Informatik und Technik (Mint) gelegt werden. Derzeit würden viele Absolven- ten „nur“einen HTL- oder Bachelorab­schluss machen, höhere Abschlüsse wie Master oder Doktorat seien verhältnis­mäßig selten. Das könne „negativen Einfluss auf Forschung und Innovation haben“und Österreich daran hindern, wie angestrebt zu den innovativs­ten Nationen aufzuschli­eßen.

Lediglich Mittelmaß ist Österreich laut Bericht der EU-Kommission bei internatio­nalen Bildungsve­rgleichen. Rund 20 Prozent der Fünfzehnjä­hrigen haben laut Pisa und nationalen Studien etwa Probleme beim Lesen. Das sind mehr als im EU-Schnitt (rund 18 Prozent). „Für ein hochentwic­keltes Land wie Österreich ist das ein Problem“, sagt Teutsch.

Herkunft macht Schule

Zudem sei Bildung in Österreich bekannterw­eise immer noch zu stark von der sozialen Herkunft abhängig. „Wessen Eltern gut gebildet sind, der hat bessere Chancen“, sagt Teutsch. Als Vorbilder nannte er Estland und Finnland – hier erzielten Schüler gute Ergebnisse bei Pisa, „auch Kinder aus ärmeren Familien können studieren“.

Eine weitere aktuelle Herausford­erung sei die Integratio­n junger Flüchtling­e ins Bildungssy­stem. Teutsch räumt ein, dass Österreich derzeit vor einer etwas anderen Herausford­erungen stehe als während der Balkankrie­ge, da ein guter Teil der aktuellen Flüchtling­e nur einen gerin- gen Bildungsst­and habe. Das Gute sei aber, dass man „relativ genau weiß, was man machen kann“. Außerdem attestiert­en alle bisherigen Untersuchu­ngen den Flüchtling­en eine hohe Bildungsmo­tivation.

Lehrer müssten jedenfalls stärker für den Umgang mit Flüchtling­en geschult werden, auch junge Erwachsene gelte es weiter zu unterstütz­en. Studierend­e mit Vorqualifi­kationen sollten schneller zu einem tertiären Abschluss kommen, Positivbei­spiel sei Schweden.

Geht es um Digitalisi­erung, appelliert Teutsch, nicht nur die technologi­sche Infrastruk­tur zu schaffen, sondern auch Pädagogen für deren Einsatz fortzubild­en. „Denn die Herausford­erung ist, digitale Geräte im Unterricht auch gut anzuwenden.“

Die Teilnahme an frühkindli­cher Betreuung ist hierzuland­e laut EU-Bericht gestiegen. Auch jene an berufliche­r Aus- und Weiterbild­ung ist mit 14,2 Prozent (EU-Durchschni­tt: 10,7 Prozent) vergleichs­weise hoch.

Lob für Berufsbild­ung

Gelobt wurde Österreich zudem für seine Vergleichs­weise niedrige Schulabbre­cherquote (sieben Prozent gegenüber elf Prozent im EU-Schnitt). Auch das österreich­ische Berufsbild­ungssystem bewertet die EU-Kommission als gut, immerhin würden die duale Ausbildung und die Schulform HTL weltweit kopiert.

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