Wiener SPÖ- Querelen: Stadträtin weiter unter Druck
Von Mindestsicherung bis Krankenanstaltenverbund: Am Mittwoch musste Stadträtin Sonja Wehsely im Wiener Gemeinderat erneut heftige Kritik der Opposition einstecken. Auch SPÖ-intern wird die Ablöse gefordert.
Wien – Die Turbulenzen in der Wiener SPÖ in den vergangenen Tagen fanden am Mittwoch auch Einzug in den Wiener Gemeinderat. Wie berichtet, gibt es unterschiedliche Auffassungen über die Parteilinie, etwa beim Umgang mit Flüchtlingen. Auch Rücktrittsaufforderungen wurden im Zuge der Querelen, die von Vertrauten des ehemaligen Bundeskanzlers Werner Faymann angestoßen worden waren, schon ausgesprochen: zum Beispiel an Gesundheits- und Sozialstadträtin Sonja Wehsely, aber auch an Bürgermeister Michael Häupl.
Schon vor Sitzungsbeginn thematisierte die Wiener ÖVP Wehselys Arbeit, die „Stillstand“und „Missstände“etwa im Gesundheitswesen erzeugt habe. Vor dem Rathaus verteilte ÖVP-Chef Gernot Blümel Sticker mit der Aufschrift „Politik zum Aufpicken“– in Anspielung auf ein Zitat Wehselys, wonach die Reformvorschläge der ÖVP zur Mindestsicherung „zum Aufpicken“seien.
Kein „Denkverbot“beim KAV
Im Rathaus war Wehsely dann mit einer Anfrage rund um die mögliche Ausgliederung des Krankenanstaltenverbunds (KAV) konfrontiert. Sie verteidigte das geplante Vorgehen: Zunächst werde eine Studie über mögliche Organisationsformen erstellt, im ersten Quartal 2017 werde eine Entscheidung gefällt. ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec kritisierte Wehsely dafür, dass diese nicht ausreichend über das Vorhaben informiert habe. Dem widersprach aber Häupl („Selbst wenn wir im Rathauspark einen neuen Strauch pflanzen, gibt es schon eine Bürgerinitiative“), der in seiner Wortmeldung sagte, dass die Vollausgliederung „eine Möglichkeit von vielen“sei. Er sprach sich gegen ein Denkverbot aus. An den externen Beratern des KAV – sie erzeugten Kosten in Höhe von 48 Millionen Euro – sah er „nichts Böses“, genauso wenig am Gehalt des Generaldirektors Udo Janßen, der laut Rechnungshof 24.000 Euro monatlich verdient.
Wie aus einer dem STANDARD vorliegenden E-Mail hervorgeht, wurden auch die Mitarbeiter des KAV über den Studienauftrag zur Reorganisation informiert. Die Stadt werde „weiterhin 100-prozentige Eigentümerin des KAV bleiben“, hält Janßen fest. Wichtig sei ihm die Erhaltung und Verbesserung des Zugangs zu öffentlichen Gesundheitsleistungen. Er beteuert, „regelmäßig einen Überblick über den Projektstand“zu geben, um Unsicherheiten bei den Mitarbeitern auszuräumen. Die KAV-Organisationsreform ist Teil der städtischen Strukturreform, durch die 100 Millionen Euro eingespart werden sollen. Die Steuerungsgruppe hat Wehsely den Projektauftrag in Sachen KAV erteilt.
SPÖ-intern ist Wehselys Ablöse aber nach wie vor Thema. Häupl hat am Montag angekündigt, Anfang 2017 Personalentscheidungen zu treffen. Ein Parteiinsider sagt, dass Wehsely „natürlich“weiterhin unter Druck sei und dass der Streit nach der Klausur noch nicht beigelegt sei: „Die inhaltliche Debatte ist eine Scheindebatte, es geht um Macht.“
Weil die FPÖ die rot-grüne Regierungsarbeit gefährdet sieht, brachte sie einen Neuwahlantrag und einen Misstrauensantrag gegen Häupl ein, die aber keine Mehrheiten fanden. ÖVP-Chef Blümel überreichte einen Stoß der zuvor verteilten Wehsely-Pickerln einem der SPÖ-Streitführer, nämlich dem ehemaligen Landesparteisekretär Christian Deutsch. Dieser ließ sie jedoch gleich unter der Sitzbank verschwinden.